Sonntag, 30. September 2018

Vorstellungen, Staffel 3, Teil 7 - Der Wurm steckt einfach drin

Die zweitbeste Ehefrau von allen nimmt ihren Termin beim orthopädischen Alt-Arzt wahr.  Am Empfang hat sich eine Schlange gebildet. Ein Typ drängt sich vorbei, er sieht es nicht ein, zu warten, er müsse nur eine AU-Bescheinigung abholen.

Die Mitarbeiterin am Empfang verweist ihn wieder auf das Ende der Schlange. Auch er müssen warten, auch andere „hätten nur mal eben…“. Nein, er bleibt dabei, daß er nicht zu warten habe, das alles nicht einsieht und überhaupt. Es wird laut am Empfang. Der Alt-Arzt erscheint, erkundet die Sachlage, verweist den Typen ebenfalls auf das Ende der Schlange. Nein, das käme weiterhin nicht für ihn in Betracht. Der Alt-Arzt bleibt hart und verweist ihn schließlich der Praxis, so daß der Typ wutentbrannt das Gebäude verlässt. Die Empfangsmitarbeiterin wusste zu berichten, daß er früher schon so aufgetreten sei. Wenn der Praxis-Nachfolger seinen Auftritt mitbekommen hat, wurde er immer direkt mit ins Sprechzimmer gebeten und hat bekommen, was er wollte. Da sei der Alt-Arzt konsequenter drauf.

Es passt ins Bild.

Im Behandlungszimmer beim Alt-Arzt bemerkt dieser bei einem Blick seinen Monitor, daß Besuche bei seinem Nachfolger von der zweitbesten Ehefrau von allen abgelehnt werden.

„Will ich wissen, was mein Kollege wieder gemacht hat?“

„Nein, besser nicht.“

Im Gegensatz zu seinem Praxis-Nachfolger sieht er sich die Aufnahme aus dem MRT auch tatsächlich selbst  an und erkennt ebenfalls sofort, daß man damit nichts anfangen kann. Er veranlasst, daß neue Aufnahmen angefertigt werden und vergrößert auch den gewünschten Bildausschnitt. Wieder werden einige Wochen ins Land gehen, bis ein Termin für das MRT steht. Der nächste Termin beim Orthopäden wird dann am Folgetag sein. Bis dahin wird die Lage unverändert bleiben.

Frl. Hasenclever erscheint mit einer als Sommergrippe titulierten Erkältung im Büro. Als ihre treue rechte Hand stecke ich häufiger den Kopf mit ihr zusammen, um organisatorische Dinge zu erörtern. Das hat gereicht, um mich anzustecken. Danke dafür. Ich werde später tatsächlich zwei Tage zu Hause bleiben, weil es nicht mehr anders geht.

Der angekündigte Anruf der Krankenkasse bleibt aus, dafür erhalte ich am Mittwoch, den 18.07. einen Brief der Firma Katzenfels, in dem sie ihren Besuch bei mir zu Hause für den 25.07. ankündigen. Natürlich wieder zu einer wenig arbeitnehmerfreundlichen Uhrzeit, irgendwann zwischen 8.00 und 10 Uhr. Um 8.00 Uhr bin ich normalerweise schon seit mindestens zwei Stunden am Arbeiten. Aber egal, ich will jetzt dabei sein und kündige im Büro für diesen Tag mein verspätetes Erscheinen an. Es ist kein Problem, allerdings bin ich wegen der doch – für meine Verhältnisse – gehäuften Ausfälle der letzten Zeit sowie der bereits feststehenden Ausfälle in den nächsten Wochen ziemlich genervt. Die Arbeit macht sich auch nicht von alleine, und noch habe ich auch die abenteuerliche und bereits jetzt absehbar vollkommen sinnlose Wiedereingliederung des Herr Harnischfeger an der Backe.

Dienstag werde ich, nachdem ich kurze Zeit geschlafen habe, mit Ohrenschmerzen wach. Zudem ist das Ohr zugeschwollen. Ich stehe auch, werfe den Rechner an und prüfe, wo sich hier in der Gegend Ohrenärzte befinden, welche sich der Sache zu entsprechender Uhrzeit annehmen könnten. Denn das, was ich da spüre, ist doch etwas zu heftig, als daß ich es entsprechend meiner sonstigen Gewohnheit zunächst wegignorieren könnte.

Während ich am Rechner hocke, kommt die zweitbeste Ehefrau von allen von ihrem letzten Kurs nach Hause zurück. Sie ist erkennbar erstaunt, daß ich nicht im Bett bin, und schaut sich nach kurzer Erläuterung der Umstände mein Ohr an.

„Nein, da warten wir nicht bis morgen. Es läuft Eiter aus. Wir fahren zur Notfallambulanz.“

Interessant, was sich in so kurzer Zeit entwickeln kann. Aber die Serie, die sich hier entwickelt, ist nicht mehr lustig. Zusätzlich wird meine sportlose Zeit weiter verlängert. Ich wage schon fast gar nicht mehr daran zu denken, wie ich da wieder einsteigen soll.

Die Sache mit der Notfallambulanz bzw. der Notfallpraxis ist hier sehr schön geregelt. In dem Krankenhaus, in dem ich auch mit der Lungenentzündung gelegen hatte, befindet sich neben der Notaufnahme auch die Notfallambulanz, welche von der örtlichen Ärzteschaft im Bereitschaftsdienst betrieben wird. Gut zu erreichen. Und in einem sinnvollen Austausch mit der Notaufnahme des Krankenhauses. In beide Richtungen.

Es ist noch mehr als warm draußen. Am Tag hatten wir die 39 Grad-Marke erreicht. Die Hitzewelle ist da.

Im Krankenhaus melde ich mich am Empfang und schildere mein Begehr. Der Mitarbeiter erklärt, daß die Notfallambulanz bereits geschlossen sei und ich mich zur Notaufnahme begeben möge. Eine so früh geschlossene Notfallambulanz ist mir neu, es ist noch weit vor Mitternacht. Die hatte mal bis fünf Uhr morgens geöffnet.

Die Umbauarbeiten der Notaufnahme sind inzwischen abgeschlossen.  Die neue Notaufnahme ist sehr offen und irgendwie freundlich gestaltet. Der Wartebereich ist leer, am dortigen Empfang wuselt eine Mitarbeiterin offenkundig jedoch höchst beschäftigt herum, während sie immer wieder im rückwärtigen Bereich verschwindet. Freundlich erklärt sie, daß es noch etwas dauern könne, sie aber schon mal abfragen wolle, was mich zur Notaufnahme führt. Ich erkläre den Sachverhalt. Sie sagt, daß das wohl eher ein Fall für die Notfallambulanz wäre, was ich aus meinem Ermessen durchaus auch so sehe, aber die sei bereits geschlossen.

Man zeigt sich etwas erstaunt, meint, der Arzt sei noch da und greift direkt zum Telefon. Es wird abgenommen und vereinbart, daß man mich noch rüberschicken könne, es sei überhaupt kein Problem.

Auch in der Notfallambulanz ist es ruhig. Niemand wartet. Der Arzt, ein freundlicher älterer Herr, seines Zeichens niedergelassener Chirurg, nimmt sich meiner direkt an. Während er die Untersuchungen vornimmt, erweist er sich als durchaus gesprächig, scherzte herum, erzählt von seiner Enkelin, die ihn ohne weiteres schon jetzt um den Finger wickeln könne. Kürzlich habe sie ihren Schnuller irgendwo verlegt. Der Opa habe ihn zu suchen. Und natürlich hat auch der Opa später daran Schuld gehabt, daß sie jetzt weiter ohne Schnuller sei, denn er sei es schließlich gewesen, der den Schnuller trotz Suche nicht gefunden habe.

Alle gleich.

Es wird eine Mittelohrenzündung diagnostiziert. Ich bekomme ein Antibiotikum verordnet. Die Notdienstapotheke befindet sich ebenfalls in nicht allzu weiter Entfernung und hat das verordnete Mittel auch nach vorheriger telefonischer Abklärung vorrätig. Ein Glied greift hervorragend ins andere. Das ist meine Vorstellung von einer Notfallbehandlung.

Ich nehme noch ein paar Stunden Schlaf mit und gehe am nächsten Tag wieder zur Arbeit.



Samstag, 29. September 2018

Vorstellungen, Staffel 3, Teil 6 - Mal wieder ein paar Erkenntnisse

Die zweitbeste Ehefrau von allen hat den ihr verordneten Strampelanzug die Kompressionsstrümpfe mit den entsprechenden Ausbauteilen in Richtung Bauch ausprobiert. Das Ergebnis ist ernüchternd. Obwohl das noch eine etwas geschönte Beschreibung des Ganzen ist. Die Schmerzen haben sich deutlich verschlimmert.

Sebastian, ihr Physiotherapeut, grinst nur. Er habe dies erwartet. Da die zweitbeste Ehefrau von allen ein eher friedliebender Mensch ist, haut sie ihn nicht direkt, sondern fragt erst mal, warum er das nicht schon vorher gesagt habe. Die Begründung ist ebenso schlicht wie einleuchtend:

„Damit du dem Arzt aus eigener Erfahrung davon berichten kannst.“

Ihre Muskeln sind weiterhin vollkommen verhärtet.

Anne, die befreundete Orthopädin, hat die vermurksten MRT-Bilder inzwischen auch den Radiologen aus ihrem Krankenhaus gezeigt. Diese äußerten – höflich ausgedruckt – ein gewisses Unverständnis darüber, daß man aufgrund dieser Bilder als Radiologe überhaupt auch nur daran gedacht habe, einen seriösen Bericht zu schreiben, denn dies sei vollkommen ausgeschlossen. Das Entsetzen darüber, daß dies doch geschehen sei, war tatsächlich wohl unübersehbar.

Also gilt es, den nächsten Termin beim Orthopäden abzuwarten. Dieser würde wieder beim Alt-Arzt erfolgen, nicht bei seinem Praxisnachfolger. Er steht praxisintern für sie auf der schwarzen Liste.

Eine Woche später, es ist Freitag der Dreizehnte, quasselt ein Mitarbeiter der Krankenkasse auf unseren Anrufbeantworter. Die zweitbeste Ehefrau von allen ruft zurück und gerät an das Callcenter der Krankenkasse. Der Callcenter-Fraggle erklärt, daß man seitens der Krankenkasse nichts machen könne, das ausgelieferte Gerät sei zweckmäßig, ausreichend und hätte die gleichen Leistungsparameter wie das verordnete.

Nach einigem Hin und Her zu dem Thema, bei dem seitens des Callcenter-Fraggles die üblichen vorgegeben Plattitüden für nervende, uneinsichtige Kundschaft geäußert werden, kommt man zu einem entscheidenden Punkt:

„Hat Ihnen die Firma Katzenfels denn aus dem zur Verfügung stehenden Portfolio kein alternatives Gerät zum Testen angeboten?“

Die Frage ist eindeutig mit einem Nein zu beantworten.

„Wären Sie denn bereit, einen solchen Test zu machen? Ansonsten müssten Sie, wenn Sie dennoch auf dem verordneten Gerät bestehen, mindestens vier Nächste im Schlaflabor verbringen und ein Gutachten einreichen, aus dem sich ergibt, warum nur dieses eine Gerät bei Ihnen funktioniert.“

Mal abgesehen davon, daß ich auf einige Nächte im Schlaflabor aus verschiedenen Gründen keinen Bock habe, würde dies nach meinem Kenntnisstand auch bedeuten, mindestens ein halbes Jahr auf einen Termin zu warten. Und wie ich auch hier bereits mehrfach geäußert habe, bestehe ich nicht auf das verordnete Gerät. Also war die Entscheidung einfach. Ich probiere alternative Geräte aus.

Nun stellt sich noch die Frage, was mit der bereits erhobenen Zuzahlung für das gelieferte und wieder zurückgegebene Gerät ist. Nun, diese bleibt unverändert bestehen. Es folgt ein Roman über die Pflicht zur Zuzahlung. Die vorgegebene Sprachblase wurde also mal wieder abgespult, ohne auf das tatsächlich zuvor bezeichnete Problem einzugehen. Denn dieses lautet:

„Muß ich die Zuzahlung für ein Jahr vollständig leisten, obwohl ich das Gerät nur ein paar Tage in Besitz hatte?“

Dabei geht es mir nicht um die fünf Euro irgendwas, sondern eher um die Vermeidung von Abrechnungskomplikationen.

Der Callcenter-Fraggle erklärt auf Nachfrage und nochmaliger Darstellung des Problems, daß die Zuzahlung auf jeden Fall so wie gefordert zu zahlen ist. Sie wird in dieser Höhe fällig, sobald die Therapie begonnen wurde, egal wie lang sie dauert oder ob sie vorzeitig abgebrochen wird. Die Verträge mit der Firma Katzenfels sind so ausgestaltet, daß sie die Miete für den bewilligten Zeitraum, in meinem Fall also erst mal für ein Jahr, in voller Höhe bekommen, auch wenn ich die Therapie nach einem Tag abbrechen sollte und ihnen das Gerät wieder zur Verfügung stünde.

Eine interessante Vertragsgestaltung.

Nun gut, meine Frage ist beantwortet, und eine Lösung des Grundproblems scheint in meiner kühnen Vorstellung auch näher gerückt zu sein. Man werde sich mit der Firma Katzenfels in Verbindung setzen und sich Montag wieder melden.




Freitag, 28. September 2018

Vorstellungen, Staffel 3, Teil 5 - Gespräche

Die Krankenkasse unterhält in Neustadt ein Kundencenter. Die zweitbeste Ehefrau von allen und ich beschließen, es aufzusuchen. Aus terminlichen Gründen war es ursprünglich vorgesehen, daß die zweitbeste Ehefrau von allen auch dort ohne mich aufschlägt, aber die Umstände haben es anders möglich gemacht.

Wir begeben uns zunächst in das nächstgelegene Parkhaus, welches schon älteren Datums ist. Die Parkbuchten sind eng und für die heute üblichen Autos mitunter sehr knapp bemessen. Für uns ist es an sich kein Problem, unseren Balduin da ordentlich unterzubringen, was aber dennoch erfordert, daß der Rest der in diesem Parkhaus weilenden Menschheit ihre Dreckskarren ordentlich abstellt.

Eine aberwitzige, ja geradezu absurde Vorstellung. Der durchschnittliche SUV-Fahrer benötigt eben zwei Parkplätze und untermauert dies, indem er den Trennstreifen zwischen zwei Standard-Parkplätzen als Mittellinie für sein Gefährt nutzt und ebenso mittig darauf parkt.

Es gibt viele SUVs und ähnliche dimensionierte Fahrzeuge in  Neustadt.

Schließlich findet sich einer der noch wenigen freien Plätze. Hier ist es aber nicht möglich, den Wagen hinzustellen und so zu stehen, daß Fahrer- und Beifahrertür gleichzeitig geöffnet werden können. Auch nicht nacheinander, denn das hätte wieder erfordert, zu rangieren. Ich steige also vor Abstellen des Wagens aus, währen die zweitbeste Ehefrau von allen ihn bestmöglich parkt. Doch selbst das hat zur Folge, daß der Parkbachbar mit seinem etwas breiter geratenen Wagen nicht mehr hätte einsteigen können.

So beschließe ich, alleine zum Kundencenter zu gehen und die zweitbeste Ehefrau von allen für den Fall der Fälle bei Balduin zu lassen. Die von mir zuvor für sie ausgestellte Vollmacht, nach der sie den Termin im Kundencenter auch alleine hätte wahrnehmen können, verbleibt im Auto. Wozu hätte ich sie auch mitnehmen sollen?

Der nächstgelegene Aufzug des Parkhauses hatte seinen Dienst aufgegeben, so daß ich mich in Richtung Treppenhaus begebe. Auf dem Weg finde ich einen schönen Parkplatz mit anständigen Parknachbarn. Also dirigiere ich die zweitbeste Ehefrau von allen hierhin, damit sie mich letztendlich doch begleiten könne. Auch wenn ich mich durchaus in der Lage sehe, derartige Gespräche wie das Anstehende ergebnisorientiert und sicher alleine zu führen, scheint mir ihre Anwesenheit hier doch sinnvoll zu sein, da sie den vorherigen Termin mit der Firma Katzenfels aufgrund des eigenen Erlebens besser wiedergeben kann als ich.

Im Kundecenter ist es angenehm temperiert, während die anstehende Hitzewelle draußen bereits erste Auswirkungen zeigt. Doch noch sind wir nicht soweit, daß wir den Sommer 2018 mit Temperaturen um 40 Grad auch nur erahnen können. Das Überschreiten der 30 Grad-Marke in diesen Tagen reicht uns vollkommen aus.

Wir müssen nicht lange warten und werden zum Gesprächsplatz gerufen. Die Mitarbeiterin ist sehr freundlich. Ich eröffne das Gespräch und leite dann zur zweitbesten Ehefrau von allen über. Mit hochgezogener Augenbrauch, Mr. Spock nicht unähnlich, nimmt sie das Geschehen zur Kenntnis. Ich betone, daß ich nicht zu der Sorte Mensch gehöre, der jetzt unbedingt genau das verordnete Gerät haben will, sondern ein Gerät, mit dem ich klarkomme. Mir ist auch egal, ob die weißen Tabletten aus der Apotheke plötzlich gelb gefärbt sind.

Sie ruft beim zuständigen Sachbearbeiter an, erklärt ihm die Situation und leitet einen Ausdruck der abfotografierten Verordnung per E-Mail weiter. Der Sachbearbeiter werde sich mit uns telefonisch in Verbindung setzen. Wir äußern den Wunsch, daß der Rückruf sinnvoller Weise auf dem Handy der zweitbesten Ehefrau von allen erfolgen soll, da ich im Büro eben nicht immer so gut erreichbar wäre.

Die Mitarbeiterin der Krankenkasse erklärt leicht angespannt, daß es dazu eventuell notwendig sei, eine Vollmacht zu erteilen. Die neue Datenschutzgrundverordnung eben.  Die zweitbeste Ehefrau von allen und ich grinsen nur breit. Ich erkläre, wo ich arbeite, die zweitbeste Ehefrau von allen schildert ihre ureigensten Probleme als Selbständige im Zusammenhang mit dieser Absurdität. Schon bei der Nennung meines Arbeitgebers entspannt die Mitarbeiterin der Krankenkasse sichtbar und schaltet ihre ohnehin schon bislang nicht zu beanstandende geschäftsmäßige Freundlichkeit noch eine Stufe höher. Sie berufsmäßige Vergeschwisterung ist offensichtlich.

Natürlich schlage ich innerlich mit dem Kopf auf die Tischplatte, liegt die gewünschte Vollmacht doch auf dem Armaturenbrett im Auto. Ok, wir verabschieden uns, während ich noch eben ankündige, eben jene Vollmacht in einigen Minuten in den Hausbriefkasten zu werfen. So weit ist der Fußweg jetzt ja auch wieder nicht.

Insgesamt entspricht der Besuch in dem Kundencenter genau meinen Vorstellungen. Eine endgültige Lösung hatte ich noch nicht erwartet, aber zumindest ist weiter Bewegung in der Sache.

Am nächsten Tag, also freitags, erfolgt der angekündigte Rückruf des Sachbearbeiters. Nach Angabe der Firma Katzenfels sei man in der Sache in Klärung. Nach Aussage des Sachbearbeiters sei dies eine bekannte Ausrede des Unternehmens, man habe häufiger Probleme mit ihnen. Ein neuerlicher Rückruf bei uns werde dann erfolgen, sobald man weiter sei.

Wir harren der Dinge.




Donnerstag, 27. September 2018

Vorstellungen, Staffel 3, Teil 4 - Die spinnen, die Römer (oder so ähnlich)

Die zweitbeste Ehefrau von allen befindet sich im Büro der Firma Katzenfels. Auf die Frage, warum das jetzt alles so lange gedauert habe, gibt es keine Antwort.  Der Fraggle erklärt ihr jedoch, daß die Verordnung aus dem Krankenhaus keinesfalls ausreiche, um das dort angegebene Gerät über die Krankenkasse abrechnen zu lassen. Man habe sie daher gar nicht erst weitergeleitet.

Das empfinden die zweitbeste Ehefrau von allen und auch ich frech. Wenn es zu einer Ablehnung der Kostenübernahme kommt, dann möchten wir das doch bitte von demjenigen erfahren, der das entscheidet. Und das ist nicht die Firma Katzenfels. Ein rechtsbehelfsfähiger Bescheid wäre dann schon das Mindeste, was erwartet werden kann. Von der Krankenkasse.

Das beeindruckt den Katzenfels-Fraggle nicht.  Er erklärt vielmehr, daß man uns das Gerät gegen eine Zuzahlung von 120 Euro im Jahr gerne überlässt. Bei dem bisherigen Gerät reden wir über 5 Euro irgendwas im Jahr. Zusätzlich könne ich die ebenfalls nicht verschreibungsfähige Schlafmaske für 49 Euro erwerben, zahlbar direkt, damit das dann auch erledigt ist.

Mooooment!

Genau die verordnete Schlafmaske befindet sich bereits bei mir zu Hause. In voller Höhe bezahlt von der Krankenkasse. Da kann also etwas nicht so ganz richtig sein. Dem Fraggle ist es unerklärlich. Er versteht noch nicht mal, warum ich die schon habe. Na ja, es könnte durchaus daran liegen, daß ich ja auch bereits ein Beatmungsgerät habe, mit dem ich allerdings dummer Weise nicht zurechtkomme und welches ohne Schlafmaske ungefähr den Wert eines Autos, bestehend aus einem Motor aber mit völligem Fehlen jeglicher Karosserie hat. Und eben jenes Gerät soll jetzt aktuell  ja zurückgegeben werden.

Wieso käme ich denn mit dem Gerät nicht zurecht? Die zweitbeste Ehefrau von allen erklärt zum wiederholten Mal, daß ich im Schlaf den Mund aufmache, weil ich unter Atemnot leide.

Ja, aber warum mache ich denn den Mund auf? Das soll ja nicht sein.

WEIL! ICH! MIT! DEM! GERÄT! NICHT! AUSREICHEND! MIT! LUFT! VERSORGT! WERDE!

Der Fraggle versteht es nicht. Die Parameter des Gerätes sind die gleichen wie bei dem Gerät aus dem Krankenhaus. Es könne also quasi gar nicht sein.

Er wird gefragt, was denn auf der Verordnung stehen müsse, damit die Kostenübernahme erfolgen könne. Das wisse er nicht, aber in der vorliegenden Form reiche sie eben nicht aus. Ob wir die Verordnung denn haben können, damit wir das selbst mit der Krankenkasse klären können – weil es ja sonst keiner macht. Nein, das geht auch nicht, er habe da Notizen drauf angebracht.

Aha.

Wir sind nicht gewillt, uns auf den ganzen Mist einzulassen. In einem Moment, in dem der Fraggle mal nach nebenan muß, fotografiert die zweitbeste Ehefrau von allen geistesgegenwärtig die auf dem Tisch liegende Verordnung, damit wir wenigstens irgendetwas in der Hand haben.  Das alte Gerät wird gegen Quittung zurückgegeben.

Es gibt keine Aussage des Fraggles, wie es weitergehen könnte.

Termin beendet. Meine Vorstellung, daß ich nicht anwesend sein müsse, hat sich bestätigt. Alles andere nicht.

Der Kampf gegen das System beginnt.




Mittwoch, 26. September 2018

Vorstellungen, Staffel 3, Teil 3 - Zwischen Tagesschau und Wetterkarte

Der Boom-Master 3000 soll heute zurückgegeben werden. Eine feste Uhrzeit ist nicht ausgemacht worden. Das sind ja so Sachen, bei denen ich kribbelig werde. Jegliche Planung ist bei so etwas für mich eingeschränkt. Aber ich bin ja nicht oder allenfalls indirekt betroffen. Man muß halt nur dafür Sorge tragen, daß die zweitbeste Ehefrau von allen und ich nicht gleichzeitig auf einer unserer Toiletten weilen, wenn es an der Tür klingelt. Das müsste machbar sein.

Es geht auf 20 Uhr zu. Zu meiner Kindheit und Jugend war dies eine magische Uhrzeit. Die Altvorderen werden sie noch kennen. Es ist die Zeit für die Hauptausgabe der Tagesschau. Und damit auch die Uhrzeit, nach der man nirgendwo mehr anruft oder gar an der Tür klingelt, es sei denn, man war ausdrücklich eingeladen. Für mich gilt diese Grenze heute immer noch. Es steckt in mir drin und ich sehe auch keine Veranlassung, von dieser Ansicht abzulassen.  Also wächst auch in mir die Unruhe, ob der Boom-Master 3000 hier tatsächlich wieder rechtzeitig erscheint. Er ist für die zweitbeste Ehefrau von allen an Montagen ein unersetzliches Arbeitsmittel.

Schließlich klingelt es. 20 Uhr ist deutlich vorbei. Wieder wird mir bewusst, daß ich in der heutigen Zeit nicht mehr so ganz zu Hause bin.

Die Übergabe erfolgt  und – nicht zu vergessen – die ersten Eindrücke zu den Aufnahmen aus dem MRT werden geschildert. Es ist ernüchternd. Die Bilder sind verwackelt, die Position ist fehlerhaft. Nichts davon ist nutzbar.  Anne werde aber nochmal die Radiologen des Hauses interviewen. Sie selbst kann nicht nachvollziehen, wie man anhand dieser Aufnahmen auch nur irgendeine Diagnose stellen könne. Sie hat unabhängig von der missglückten Aufnahme den Verdacht, daß es eine Ausstrahlung von einem entzündeten Ischias sein könne.

Am Montag erreicht uns eine E-Mail der Firma Katzenfels. Am Mittwoch werde man Zeit für ein Gespräch in dem Neustädter Büro haben. Der Termin wird von der zweitbesten Ehefrau von allen wahrgenommen. Wir haben die Erwartung, daß die Geräte getauscht werden. Mit der Handhabung des neuen Gerätes bin ich vertraut, die Schlafmaske ist bereits auf mich eingestellt, also habe ich die Vorstellung, daß man auf meine Anwesenheit verzichten kann.







Dienstag, 25. September 2018

Vorstellungen, Staffel 3, Teil 2 - Sensibilität ist nicht unser Ding

Die Rückmeldung  der Firma Katzenfels erfolgt am Mittwoch, wieder über eine hinterlassene Nachricht auf dem Anrufbeantworter. Nein, ein Termin am späteren Nachmittag sei gänzlich ausgeschlossen. Aber man könne ja zu mir an meinen Arbeitsplatz kommen, mich dort ins neue Gerät einweisen und alles Weitere regeln.
                    
Aha.

Wir fassen den Vorschlag des Fraggles nochmal zusammen: Ich soll in einem Gebäude, welches aufgrund allüberall vorhandener datengeschützter Unterlagen fast einen einzigen Sicherheitsbereich darstellt, einen externen Besucher empfangen und auf diesem Weg meinem Arbeitgeber signalisieren, wie es um meine Gesundheit bestellt ist, was diesen unter dem Strich im Detail überhaupt nichts angeht.

Grundsätzlich habe ich trotz aller bekannten Missstände  des Hauses im Umgang mit Mitarbeiterangele… – ähm, falsche Wortwahl, wir werden seitens der Hauptverwaltung offiziell nicht als Mitarbeiter oder Personal, sondern als Arbeitskräfte tituliert – Arbeitskräfteangelegenheiten zu den Führungskräften unserer Außenstelle, also Frau Schubert, Frl. Hasenclever und Nadja, so viel Vertrauen, daß ich hier nötigenfalls durchaus offen wäre. Aber ich sehe es nicht ein, daß eine Firma, die sich ausschließlich mit Medizintechnik beschäftigt und sich der Sensibilität derartiger Informationen bewusst sein sollte, eine derartige Erwartungshaltung an den Tag legt und diese auch noch bestätigt bekommt.

Außerdem steht in dem Bereich, der für Besucher geöffnet ist, auch nicht mal eben so ein geschützter Raum zur Verfügung, an dem man ein derartiges Gespräch ungestört führen kann. Thema also erledigt. Ein Versuch, die Firma Katzenfels per Telefon zu erreichen, um eine entsprechende Rückmeldung zu geben, scheitert sowohl am Donnerstag als auch am Freitag. Ich bin nun also schon zwei Wochen ohne die verordnete Versorgung.

Wir beschließen den Vorschlag zu unterbreiten, daß ein Termin während der Service-Zeiten mit der zweitbesten Ehefrau von allen vereinbart werden könne. Ich wüsste nicht, warum meine Anwesenheit erforderlich sein sollte. An der Einstellung des Gerätes bin ich nicht beteiligt, mit der Bedienung  wurde ich schon im Krankenhaus vertraut gemacht und eine neue Schlafmaske wird nicht benötigt, da diese bereits entsprechend der Verordnung bei mir herumliegt. Es wird eine entsprechende E-Mail an das Büro der Firma Katzenfels abgesetzt.

Sollte dies auch nicht funktionieren, steht als nächstes auf dem Plan, über meine Krankenkasse Druck zu machen. Es steht bei uns die Vermutung im Raum, daß man es mit der Organisation des Gerätetausches nicht ganz so eilig hat, weil die Miete für das Gerät ja bereits fließt, denn das falsche Gerät befindet sich ja auch noch bei mir. Und das Geld für die neue persönliche Einweisung hätte man sicherlich auch ganz gerne, wozu ich aber wohl selbst anwesend sein muß.

Natürlich kann ich mich auch täuschen. Man weiß es ja nicht besser. Aber man hat so seine Vorstellungen…

Am Donnerstag hat die zweitbeste Ehefrau von allen ihren wöchentlichen Termin bei Sebastian, ihrem langjährigen Physiotherapeuten. Dieser war natürlich bereits ins Geschehen im Zusammenhang mit ihren Schmerzen involviert und bestätigte, daß auch aus seiner Sicht die vorliegende Diagnose des Orthopäden völliger Humbug sei. So begann er mit weiteren Experimenten und kam schließlich auch zu einem weiteren Verdacht. Dieser ließ sich bislang aufgrund einer starken Muskelverhärtung noch nicht bestätigen, aber die Witterung ist aufgenommen. Es dürfte noch interessant werden.

Es ist Samstag. Ich möchte gerne endlich mal wieder Sport treiben. Wirklich. Aber ein Gefühl hält mich davon ab. Mein Körper scheint mir zu signalisieren, daß es noch zu früh ist. Aber wann ist der richtige Zeitpunkt? Ich huste noch immer, merke aber, daß sich in den Bronchen zumeist auch Schleim löst. Vor dem Aufenthalt im Krankenhaus war das anders. Und der Husten ist auch nicht mehr so oft und ausgeprägt auftretend.

Ich beschließe, zumindest heute noch nicht loszuziehen. Die zweitbeste Ehefrau von allen erklärt mir immer wieder, daß es sinnvoll sei, auf seinen Körper und/oder sein Gefühl zu hören und man dies durchaus häufiger tun solle. Ich beschließe, ausnahmsweise den Rat zu beachten. Das Gefühl, daß es gerade falsch sein könnte, auch in reduziertem Umfang Sport zu treiben, ist mir zu stark ausgeprägt.

Nach meinem Empfinden wird es täglich besser. Dennoch bin ich frustriert. Mein Trainingsrückstand wird mir einfach zu groß. Und in den nächsten Wochen, ja fast den ganzen Sommer hindurch, habe ich nicht viele Gelegenheiten zum regelmäßigen Training, weil ich zu den mir passenden Zeiten wieder das Auto nicht zur Verfügung haben werde. Die Vorstellung gefällt mir gerade nicht, aber es lässt sich nicht ändern.

Wieder überlege ich, ob ich unter der Woche etwas in der Richtung regeln kann. Aber auch das ist schwierig.

Blöd.







Montag, 24. September 2018

Vorstellungen, Staffel 3, Teil 1 - Ziele

Meine Vorstellung, daß sich die Firma Katzenfels direkt am Montag meldet, verläuft im Sande. Das Telefon schweigt. Planmäßig wird meine Schwiegermutter am Montag aus dem Krankenhaus entlassen. Eine Baustelle für die zweitbeste Ehefrau von allen weniger.

Ich bekräftige meinen Entschluss, am Mittwoch wieder arbeiten zu gehen und setze diesen auch erfolgreich um. Hier erfahre ich direkt, was man aus meiner zuvor geäußerten Ankündigung, daß ich es ruhig angehen lassen muß, gemacht hat.

Frl. Hasenclever befindet sich seit Montag im geplanten Urlaub. Er sei ihr gegönnt. Während meiner Abwesenheit hat sie sich um die Wiedereingliederung Herrn Harnischfegers gekümmert und seine Akten geprüft. Am Montag und Dienstag wurden zwei andere Kollegen außer der Reihe befugt, gemeinsam ihre Vertretung zu übernehmen. Dafür hat einer der beiden seinen eigenen Urlaub verschoben, was aber auch nur maximal eine Woche lang möglich gewesen wäre. Allerdings sind die Akten Herrn Harnischfegers so lange liegen geblieben.

So beginnt mein ruhiger Einstieg damit, meine eigenen teilweise liegen gebliebenen Akten nachzuarbeiten, Frl. Hasenclever zu vertreten und die laufenden Vorgänge sowie die Reste Herrn Harnischfegers zu prüfen und meine neuen Fälle liegen zu lassen. Dazu gibt es direkt einige Gespräche zu führen, welche ich aber auf die nächsten Tage verteile. Dennoch bleibe ich meinem Vorsatz treu und arbeite keinen Tag länger als acht Stunden, teilweise sogar weniger. Frau Schubert zeigt vollstes Verständnis und gewährt mir alle Zeit, die ich brauche. Was liegen bleibt, bleibt liegen. Mehr würde ich auch noch nicht schaffen, das merke ich sehr deutlich. Nadja, die während Frl. Hasenclevers Abwesenheit in personellen Dingen meine zuständige Vorgesetzte ist, erklärt mir, daß sie sehr nachhaltig dafür Sorge tragen wird, daß ich das Haus pünktlich verlasse.  Wobei die Ansage durchaus ein Grund gewesen wäre, länger zu bleiben um festzustellen, wie Nadja das anstellen will.

Die Tage ziehen sich dennoch für mein Empfinden ungewöhnlich lange hin. Die Erschöpfung ist noch da, und der Umstand, daß weder die Schlaf- noch die Sauerstofftherapie in Fahrt kommen, wirkt hier auch nicht förderlich.

Am Donnerstag spricht ein Herr der Firma Katzenfels auf den Anrufbeantworter. Die zweitbeste Ehefrau von allen weilt zu diesem Zeitpunkt woanders und kann das Gespräch nicht annehmen. Man bittet mich im Rückruf im örtlichen Büro in Neustadt. Da die Öffnungszeiten des Büros zum Zeitpunkt des Abhörens des Anrufbeantworters bereits verstrichen sind, nehme ich diesen Punkt in meine To-do-Liste für Freitag auf.

Am Freitag versuche ich wunschgemäß im Büro der Firma Katzenfels anzurufen. Dort ist entweder besetzt oder ein Anrufbeantworter erzählt mir nach fünfmaligem Klingeln, daß ich außerhalb der Service-Zeiten anrufe. Diese werden mir in Folge ausführlich dargestellt. Ich vergleiche die mir so bekannt gegebenen Service-Zeiten mit sämtlichen Uhren in meinem Umfeld und stelle fest, daß ich mich mit hundertprozentiger Sicherheit innerhalb des genannten Zeitrahmens befinde. Meine in Viertelstundentakt durchgeführten Versuche breche ich nach Ablauf dieser Service-Zeiten ab. Wieder ein Tag verloren.

Am Wochenende findet  ein von der zweitbesten Ehefrau von allen organisierter Workshop einer auswärtigen Trainerin statt, welche auch bei uns zu Hause nächtigt. Wir kennen uns mittlerweile, denn es ist nicht die erste Veranstaltung dieser Art und wird auch nicht die letzte bleiben. Alleine in diesem Jahr sind noch mehrere geplant. Ich komme mit dem Umstand zurecht.

Dummerweise bedarf es einiger Vorbereitungen. Dazu gehört auch, daß wir einige Sitzgelegenheiten in Form von Bierzeltgarnituren heranzukarren haben. Genauer gesagt sind es vier Bänke und zwei Tische, an denen sich die Teilnehmerinnen hinsetzen und einige Schreibarbeiten erledigen können. Wir holen das Mobiliar bei meinen Schwiegereltern ab und sind wieder sehr froh, daß Balduin genug Kapazitäten hat, um diese vollständig in ihm zu verstauen. Dazu kommen noch einige Taschen und sonstige benötigte Dinge. Mein Problem ist es allerdings, daß all diese Dinge in den ersten Stock des Veranstaltungsgebäudes zu schleppen sind und auch am nächsten Tag wieder hinunterbefördert werden müssen.

Aufgrund ihrer anhaltenden Schmerzen im Fuß ist die zweitbeste Ehefrau von allen hierbei kaum eine Hilfe, also schleppe ich zumindest die Bierzeltgarnitur alleine. War dies in der Vergangenheit kaum ein Problem, bringt es mich im Moment tatsächlich an die Grenze meiner körperlichen Belastbarkeit. Ich schaffe es schließlich, fühle mich aber auch entsprechend.

Montag schließlich versucht die zweitbeste Ehefrau von allen, das Büro der Firma Katzenfels zu erreichen. Bereits nach dem ersten Klingeln wird abgenommen und meine Frau mit den Worten „Hallo Herr Paterfelis“ begrüßt. Man hatte sich dem Vernehmen nach die Nummern notiert, deren Rückruf erwartet wird. Die Telefonnummern meines Handys bzw. meines Bürotelefons gehörten eindeutig nicht dazu. Nach kurzem Bedauern der bisherigen Nichterreichbarkeit wurde ein Terminvorschlag gemacht, der aufgrund der Beendigung meiner Arbeitsunfähigkeit nicht einzuhalten ist. Tatsächlich kann ich keinen Terminvorschlag der Firma Katzenfels wahrnehmen, da die Service-Zeiten offensichtlich nicht auf die arbeitende Bevölkerung abgestimmt sind. Und es ist mir gerade nicht möglich, zu den Service-Zeiten mal eben wieder frei zu nehmen.  Der Herr versucht zu klären, ob es ihrerseits irgendwie möglich sei, zu späterer Stunde am Nachmittag einen Termin zu organisieren. Er würde sich wieder melden.

Begeben wir uns wieder in die Nebenhandlung. Die zweitbeste Ehefrau von allen nimmt zwei ihrer drei bestehenden Montagskurse wahr. Den dritten hat sie bis zum Beginn der neuen Saison nach den Sommerferien, wenn sie hoffentlich wieder genesen ist, an Anne, einer Teilnehmerin des Kurses übertragen. Praktischerweise ist eben jene Teilnehmerin eine frühere Leiterin dieses Kurses – und Orthopädin. Leider arbeitet sie nicht in einer eigenen Praxis und kann somit nicht zu unserer Haus- und Hof-Orthopädin mutieren.

An diesem Tag hatte die zweitbeste Ehefrau von allen vor Kursbeginn eine Verabredung mit Anne, welche sich den  Boom-Master 3000, der mobilen Musikanlage der zweitbesten Ehefrau von allen ausleihen wollte. Dieser würde für ein Wochenende durchaus entbehrlich sein, denn für die anstehenden Kurse außerhalb des Wochenendes stehen an den Veranstaltungsorten eigene derartige Anlagen zur Verfügung. Am Sonntag soll die Rückgabe erfolgen.

Natürlich besprach man den Besuch beim Orthopäden. Anne zeigte sich hellauf entsetzt, stellte die Diagnose nach Kenntnis aller Umstände massiv als kaum denkbar in Zweifel und hielt auch – wie zuvor die Mitarbeiterinnen des beauftragten Sanitätshauses, welche einige spürbare Änderungen an der Verordnung herbeiführen wollen – die Verordnung der Kompressionsstrümpfe in der vorliegenden Form für aberwitzig, ja sogar für ausnehmend unzweckmäßig und so keinesfalls als zielführend. Und das mal ganz abgesehen von der Ansage, diese 23 Stunden täglich tragen zu müssen. In weiser Voraussicht hatte die zweitbeste Ehefrau von allen eine Kopie der im MRT gemachten Aufnahmen dabei, um diese Anne zu überlassen. Diese wollte sie sich gerne ansehen und hatte bereits - wie erwartet - unaufgefordert danach gefragt. Sollte sie nicht weiterkommen, würde sie einige andere Ärzte in dem Krankenhaus, in dem sie arbeitet, nach ihren Meinungen fragen.

Irgendwie muß man ja mal weiterkommen.


Freitag, 21. September 2018

Ankündigung: Vorstellungen - die dritte und letzte Staffel

In der finalen Staffel unserer Serie um Paterfelis und seine Abenteuer im Hitzesommer 2018 wird es zu neuen Fragen an die Welt kommen.


Warum ist der Fraggle kein Fraggle?

Wieso wird ein Patient aus einer Arztpraxis hinausgeworfen?

Kann es sein, daß Unschärfe relativ ist?

Wer steuert das Auto, in welches Paterfelis unvorhergesehen einsteigt?

Warum schweigen die Lämmer?

Kommt es doch auf die Größe an?


Erfahren Sie mehr - demnächst hier auf diesem Kanal.

Exklusiv!


Donnerstag, 20. September 2018

Warum nur?

Was das LASA immer mehr benötigt, sind Terminvertreter für gerichtliche Verfahren. Der dafür verpflichtend auserkorene Personenkreis, zu dem ich auch zähle, davon aber augrund drohender Panikattacken im Einsatz durch Frau Schubert befreit wurde, genügt trotz Ausweitung schon lange nicht mehr. Die Zahl der Verfahren ist zunehmend. Wenn ich überlege, mit wie wenigen Personen diese Aufgabe noch vor dreißig Jahren gestemmt wurde… na ja.

Man nimmt heute also jeden, den man kriegen kann. Er muß nur mindestens die Qualifikation eines Sachbearbeiters haben. Berufserfahrung, persönliche Eignung, echte breite fachliche Qualifikation – uninteressant. Man steht bei uns als Terminvertreter für alle anfallenden Rechtsgebiete zur Verfügung, gleich ob sich darin auskennt oder nicht.

Weisungsgemäß habe ich auch die Bachelorette gefragt, ob sie sich einen entsprechenden Einsatz vorstellen könne. Sie hat tatsächlich begeistert zugestimmt. Das arme Kind weiß noch nicht, was es sich damit antut.

So kam sie eines Tages von einer kurzen Unterredung bei Frau Schubert wieder zurück an ihren Platz und erzählte stolz, wann sie zum ersten Mal – immerhin noch in nur begleitender Funktion – an einem Gerichtstermin teilnehmen werde.

„Und sagen Sie mal, Herr Paterfelis, was erzählen Sie eigentlich der Frau Schubert so alles? Die meinte doch tatsächlich, daß ich da auch mal still sein müsse.“

Aus der anderen Hälfte unseres Zimmers war ein gewisses verdächtiges Glucksen und Prusten zu vernehmen, während ich mich gerade noch so beherrschen konnte.

„Ihr muß ich gar nichts erzählen; sie kommt auch regelmäßig an unserem Zimmer vorbei und kriegt mit  was hier los ist, ohne daß Sie es sehen.“

„Als ob ich viel reden würde. Und wieso überhaupt haben Trudi und Raissa gerade so gelacht?“

Vermutlich einfach nur aus purer Lebensfreude. Kann ich mir gar nicht anders vorstellen.




Mittwoch, 19. September 2018

Arrr!

Arrr!

Ich wünsche euch allen einen schönen Sprich-wie-ein-Pirat-Tag bei einer ordentlichen Portion Spaghetti mit Fleischbällchen.

Ramen.



Sonntag, 16. September 2018

Cthulhu ist unterwegs

Ich erwartete ein Paket. Nachschub von meinem Spiele-Dealer. Eine Variante von diesem Teil hier: > KLICK MICH < . Vorbereitung auf ein von mir erhofftes Halloween-Spiele-Horrorspecial. Mit Cthulhu und vielen Tentakeln. Man muß sich ja einarbeiten. Wunschterminzustellung am Samstag.

Die Online-Sendungsverfolgung bestätigte mir, daß sich Cthulhu das ersehnte Paket bereits auf dem Zustellfahrzeug befindet.

Es klingelte an der Tür. Doch statt des gelben Männchens standen dort zwei weißbebluste Damen, die mir eine Einladung überreichten.

Die Zeugen Jehovas.

Cthulhu wäre mir gerade lieber gewesen.

Nie hat man eine Dose Erbsensuppe zur Hand, wenn man mal eine benötigt.







Mittwoch, 12. September 2018

Ein Mann, ein Wort - eine Frau...

Die zweitbeste Ehefrau von allen werkelte in der Küche an einem Chop Suey, während ich zugegebenermaßen noch vom Tag aus vielfältigen Gründen in etwas genervter Stimmungslage das Monster besetzt hielt. So wurde ich in die Küche beordert und angewiesen, das Gericht während des sich dem Ende nähernden Kochvorganges zu verkosten und meine Meinung dahingehend zu äußern, ob denn wohl noch eine Zutat zur Geschmacksverbesserung beitragen könne.

Ich harrte kurz der Dinge, bis sich mir die Zugriffsmöglichkeit auf unsere Besteckschublade bot, griff nach einem  der langstieligen Dessertlöffel und tat, wie mir geheißen.

„Ja, kann so bleiben.“

„…“

So trabte ich wieder in Richtung Monster, während ich aus der Küche kommend noch einen deutlichen Laut des Missfallens wahrnahm, gefolgt von einem „Irgendwann wirst du es auch noch lernen.“

„Was denn?“

„Du hättest ja auch sagen können, daß es sehr lecker ist und daß ich toll gekocht habe.“

Ähm, habe ich doch.

Männlich, weitgehend - aber doch nicht zu kurz und knapp - auf den Punkt gebracht. Und ich habe sogar, weil im Gespräch mit einer Frau befindlich, vier Wörter dazu verwendet, nicht das eigentlich nur zwingend notwendige „Okay.“.

Ich bin manchmal aber auch eine alte Labertasche.



Sonntag, 9. September 2018

Abteilung Bling-Bling

Sweet sixteen twentytwo.

Die Bachelorette hat zugeschlagen. Aber von vorne.

Frau Schubert warf auf Ihrer freitäglichen Morgenrunde auch einen Blick zu uns ins Büro.

„Na, Herr Paterfelis. Haben Sie den neuen Papiermüllkarton von unserer Bachelorette schon bemerkt?“

„Ist ja nicht zu übersehen.“

„Als ich ihn gestern Abend zum ersten Mal gesehen habe, musste ich richtig lachen und an Sie denken.“

„Frau Schubert, der Umstand, daß Ihr Oberteil heute farblich verdächtig gut zu dem Teil passt, gibt mir jetzt auch zu denken.“

Erwartungsgemäß leugnete sie jeglichen Zusammenhang.

Wart ihr eigentlich auch mal so jung? Ich kann mich schon gar nicht mehr erinnern.



So begann es am ersten Tag.





Und so ging es weiter.




Erst mal auf andere Gedanken kommen.






Donnerstag, 6. September 2018

Auf alles vorbereitet

Hier noch ein Nachtrag aus der guten alten Zeit, als mir noch die Azubinette gegenüber saß, welche ja zwischenzeitlich durch die Bachelorette abgelöst wurde.



„Ich hasse die Kundschaft.“

Die Azubinette hatte soeben ein Telefonat mit einem Kunden beendet, welcher sich eher als schwer von Begriff und dazu durchaus aggressiv darstellte. Ich war doch sehr beeindruckt, wie sie mit ihrer nur geringen Berufserfahrung und dem noch jungen Alter mit der Situation umgegangen ist. Sonst eher schüchtern wirkend, hat sie ihrer Stimme am Telefon einen wirklich sehr energischen Klang verliehen. Die Wortwahl war nicht zu beanstanden und der Situation angemessen.

Sie traute sich allerdings zunächst nicht, das Gespräch ihrerseits abzubrechen, nachdem der Kunde zunehmend unsachlicher wurde – um es mal nüchtern auszudrücken. Während einer Monologphase des Anrufers deckte sie mit der Hand das untere Ende des Telefonhörers ab und fragte mich, ob sie das von mir mitgehörte Gespräch ihrerseits beenden dürfe.

Ich erklärte ihr kurz, daß es bei einem solchen Verhalten möglich sei, sie dem Kunden aber eine Chance geben müsse. Sie musste ihm einen Hinweis geben, sich zu mäßigen, da sie andernfalls das Gespräch beenden würde. Trotz meines Einverständnisses traute sie sich zunächst weiterhin nicht, aber schließlich war es soweit. Nach ihrer Ankündigung legte sie auf.

„Das ging jetzt aber schnell.“

„Der Idiot hat selber aufgelegt. Aaaaah, ich könnte um mich hauen.“

„Warten Sie, ich rufe Sven. An dem können Sie sich austoben. Er ist doch hier unser Schuldbeauftragter.“

„Nein, mache ich nicht.“

Ich halte ja auch hin und wieder mal meinen Oberarm hin, damit sich die eine oder andere Dame abreagieren kann, aber noch nicht bei der Azubinetten. Das kommt dann später erst. Außerdem habe ich nicht so ausgeprägte masochistische Tendenzen.

Als guter Vorgesetzter bin ich aber selbstverständlich auf alles vorbereitet. Ich denke nur nicht immer rechtzeitig daran. So verschwand die Azubinette in ihrer Mittagspause, als ich mich an ein Gerät erinnerte, welches mir die zweitbeste Ehefrau von allen aus bestimmten Gründen mal hat zukommen lassen.

Ich öffnete meinen Schrank und holte es heraus. Ja, alles in Ordnung und funktionsfähig. Also positionierte ich es auf dem freien Platz auf dem Schreibtisch der Azubinetten.






Als sie aus der Pause kam ermunterte ich sie, sich daran auszutoben.

Sie holte aus.

Pöck.

„Fester!“

Pöff.

„Jetzt aber mal richtig!“

BÄMM!

Na also, geht doch. Auch ohne blaue Flecken für mich.



Dienstag, 4. September 2018

Die fünfte Kerbe

PLOPP!

„Sie haben Post.“

Gibt es die einst so bekannte Stimme noch, welche früher bei AOL den Eingang einer E-Mail angesagt hat?  Wie dem auch sei, ich wurde in meinem Arbeitsfluss durch das Aufploppen eine Textfensters auf meinem Rechner wirksam davon abgehalten, weitere  Eingaben vorzunehmen. Besagtes Textfenster setzte mich über den Eingang eines elektronischen Briefes in Kenntnis.

Dann wollen wir doch mal nachsehen, wer es wagt… Frl. Hasenclever.

„Ich bitte alle Kollegen, die sich am morgigen Freitag nach der ‚Bis-dahin-musst-du-unbedingt-bleiben-und-schuften-wie-verrückt‘-Grenze noch anwesend sind, zu einer kurzen Besprechung in unseren Besprechungsraum.“

Sehr ungewöhnlich. Aber gut, warten wir mal ab.

Unsere Raucher wussten von den zwanglosen außerdienstlichen Treffen in dem als Bushaltestelle titulierten Raucherpavillion in unserer ebenerdigen Tiefgarage zu berichten, daß die anderen Fachbereiche ebenfalls entsprechende, wenn auch zeitversetzte Einladungen von ihren Fachbereichsleitern erhalten hatten.

Trudi hatte direkt eine Vermutung:

„Die Schubert ist bestimmt schwanger. Allerdings sieht sie nicht schwanger aus. Ihr fehlt so diese Entspanntheit, die Schwangere an den Tag legen. Und die Oberweite ist auch noch nicht mehr geworden.“

Was nicht ist, kann ja noch werden. Aber eine gewisse Wahrscheinlichkeit konnte man der Vermutung schon angedeihen lassen. Die üblichen Indikatoren – noch relativ jung verheiratet, passendes Alter, gesicherte Existenz – könnten schon passen. Außerdem hat Trudi sich bei den letzten Schwangerschaften in unserer Außenstelle auch nicht vertan und konnte schon vor der offiziellen Bekanntgabe ziemlich sicher einen solchen anderen Umstand prognostizieren.

So versammelte sich unser Fachbereich zur gebotenen Stunde am dazu vorgesehenen Ort. Frau Schubert erschien pünktlich und eröffnete die Besprechung direkt.

„Ich möchte Sie darüber in Kenntnis setzen, daß sich etwas geändert hat. Also, daß sich bei mir etwas geändert hat.“

Aha!

„Ich werde das LASA verlassen.“

Das wäre im Falle einer Wette mein Plan B gewesen.

„Ich habe hier das Maximale erreicht, was geht.“

Ansichtssache. Karrieretechnisch wäre noch was drin gewesen.

„Außenstellenleiter ist schon eine große Sache. Und ich bin auch immer gerne hier gewesen. Aber ich komme mit dem Gedanken nicht zurecht, daß das schon alles gewesen sein soll. Darum habe ich mich bei *andere Behörde* beworben und bin angenommen worden.“

Ja klar. Erzähl doch nichts. Bei *anderer Behörde* gibt es keine Außenstellen. Aber man wird in Frau Schuberts Position verbeamtet, während Beamte bei uns als Auslaufmodell zählen.

Frau Schubert bleibt bis Ende Oktober. Bis ein Nachfolger da ist, wird es wohl dauern. Unsere Mühlen mahlen langsam und unerbittlich. Sie erzählte noch ein wenig Belangloses, bis schließlich:

„Nun sagen Sie doch auch mal was.“

Ich unterbrach die sich ausbreitende peinliche Stille.

„Frau Schubert, wir sind es hier gewohnt.“

„Ja, es ist heute wohl nicht mehr so, daß man zwanzig Jahre oder so beim gleichen Arbeitgeber bleibt.“

Ich fühlte mich mit meinen nunmehr über 34 Jahren beim selben Arbeitgeber plötzlich uralt, gleich einem kurz vor dem Aussterben stehenden Dinosaurier, zückte im Geiste meine benzinbetriebene Kettensäge mit extra langem Blatt, warf den Motor an und sägte die fünfte Kerbe in meine Schreibtischplatte. Eine für jeden ehemaligen Außenstellenleiter hier in Neustadt in den letzten 17 Jahren. Seit die Außenstelle besteht. Seit ich hier vor Ort arbeite.

Kaum hat man sich einen halbwegs erzogen, muß man schon wieder von vorne anfangen.

Verdammt.


Sonntag, 2. September 2018