Freitag, 31. August 2018

Vorstellungen, Staffel 2, Teil 9 - Schlussetappe?

Am Samstag begleite ich die zweitbeste Ehefrau von allen bei dem Besuch meiner Schwiegermutter im Krankenhaus. Bis zum Vortag war sie in Einzelhaft Isolierung, da man bei ihr das Vorliegen eines multiresistenten Keims vermutete.  Es handelte sich um einen Fehlalarm, welcher allerdings dafür gesorgt hat, daß Besuche bei ihr nur mit Schutzkleidung und Atemmaske erfolgen durften. Bei dem aktuellen drückenden Wetter eine höchst unangenehme Sache, und das Tragen einer derartigen Atemmaske wäre in meinem Zustand auch keine mir förderliche Sache gewesen. Es bestehen gute Aussichten, daß meine Schwiegermutter das Krankenhaus am Montag verlassen könne. Sie zeigt sich schon in Planungen verstrickt, die Feiern zur Goldenen Hochzeit nachzuholen.

Wieder auf dem Krankenhausparkplatz finden wir unseren Balduin leidend vor. Beim Ausparken scheint unser ehemaliger Parkplatznachbar ihm einen ordentlichen Rempler mitgegeben zu haben. Eine Beule und ein paar Schrammen zieren ihn nun hinten rechts. Erfahrungsgemäß ist es ausnehmend sinnlos, in diesem Fall der Fahrerflucht die Polizei zu behelligen, denn mehr als die Information, daß der mutmaßliche Täter einen alten VW Golf gefahren hat, können wir auch nicht geben. Da ansonsten alles mit Balduin in Ordnung zu sein scheint, lassen wir die Sache auf sich beruhen. Was soll man auch machen?

Der Postbote hat die Rechnung für die Zuzahlung im Krankenhaus gebracht. Die ist immer sehr schnell da. Außerdem gibt es einen Hinweis meiner Krankenkasse zur Zuzahlung für den Sauerstoffkonzentrator. Es sind nur zehn Euro, aber ich entnehme dem Schreiben, daß er für ein halbes Jahr angemietet wurde, was die Krankenkasse beinahe 400 Euro kostet. Ein halbes Jahr? Bitte nicht. Außerdem haben wir immer noch keine Lösung gefunden, wie wir das Teil in der Nacht sinnvoll unterbringen, so daß er nicht unmittelbar neben meinem Bett parken muß. Aber es stehen bekanntlich 15 Meter Schlauch zur Verfügung, damit muß man etwas anfangen können. Nur das Schließen von Türen dürfte ein Problem sein. Eine Rechnung über die Zuzahlung zum Beatmungsgerät steht noch aus. Und gerade hier bin ich sehr daran interessiert zu erfahren, wie sich die Geräte in ihrer Miete unterscheiden.

Ich kann mir gut vorstellen, das in der Zukunft zu erfahren


Und damit endet die zweite Staffel. Fortsetzung folgt.




Donnerstag, 30. August 2018

Vorstellungen, Staffel 2, Teil 8 - Erwartungshaltungen

Den ganzen Tag über behalte ich das Telefon in meiner Nähe, um den zu erwartenden Anruf der Firma Katzenfels entgegenzunehmen. Sie haben nur die Nummer unseres Festnetzanschlusses. Es ist mir sehr lästig, immer das elektronische Sprach- und Hörrohr dabei zu haben. Wäre beim Smartphone aber auch nicht anders, welches für die Dauer meines häuslichen Aufenthaltes hier irgendwo herumfliegt. Ich muß nur daran denken gelegentlich einen Blick auf den Akkustand werfen und es beizeiten zu füttern.

Der erwartete Anruf bleibt aus. Kein Vergleich zu letzter Woche, wo man sich ja förmlich damit überschlagen hat, mich erreichen zu wollen. Das war damals die gleiche Konstellation: Verordnung des Gerätes am Freitag, Lieferzusage ab Montag, 8.00 Uhr. Eine Woche Eingewöhnungszeit verloren. Dann muß das jetzt eben geschehen, wenn ich wieder im Alltagstrott angekommen bin. Es stört mich schon, aber ich kann mir nicht vorstellen zu versuchen, dem Arzt deswegen noch ein paar Tage bezahlte urlaubsschonende Abwesenheit vom Arbeitsplatz aus den Rippen zu leiern, und über das Thema Urlaub oder Überstundenabbau brauchen wir gerade jetzt nicht mal im Ansatz zu reden. Da bin ich nicht der entsprechende Typ zu; es passt einfach nicht zu meiner Mentalität und meinem moralischen Empfinden, außerdem dürfte sich die Personallage im Büro nach meinem Kenntnisstand gerade ohnehin etwas durchwachsen darstellen, da die nächsten Urlaube einiger Kollegen anstehen.

Meine Schwiegermutter wird vermutlich bald aus dem Krankenhaus entlassen. Eine Front für die zweitbeste Ehefrau von allen weniger.

An der Hauptfront wird allerdings noch gekämpft. Heute wird sie wieder beim Orthopäden vorstellig. In der Gemeinschaftspraxis gerät sie nicht an den bisherigen Alt-Arzt, welcher nur noch an wenigen Tagen stundenweise in seiner ehemaligen Praxis arbeitet, sondern an seinen Praxisnachfolger. Die bislang vorliegenden Erkenntnisse reichen zur Stellung einer Diagnose überraschender Weise nicht aus. Der erwartete Ermüdungsbruch war es wohl doch nicht. Man macht eine Ultraschall-Untersuchung und stellt erhebliche Wassereinlagerungen in den Beinen fest. Dazu hätte es keiner Ultraschall-Untersuchung bedurft.

Das nachfolgende Arzt-Patienten-Gespräch ist dem Sinngehalt nach wiedergegeben.

Arzt: „Und wie soll ich Ihnen da weiterhelfen?“

Patientin: „Sie sind der Arzt. Es ist doch Ihre Aufgabe, das Problem zu lösen.“

Arzt: „Es könnte an den Wassereinlagerungen liegen. Die drücken jetzt auf die Gelenke.“

Patientin: „Ich muß mich bewegen können. Ich bin beruflich Fitness- und Tanztrainerin.“

Arzt schaut skeptisch abschätzend vom Fuß hoch zum Gesicht.

Patientin: „Ja, auch dicke Menschen können beweglich und fit sein.“

Arzt: „Ich war früher Berufsschul-Sportlehrer und erkenne, ob sich jemand bewegen kann.“

Mitarbeiterin, spontan: „Ich habe Ihren Blick aber auch gesehen.“

Arzt: (erklärt umfangreich seine Qualifikation, solches zu erkennen und daß der Blick gar nichts damit zu tun habe)

Patientin: (denkt sich ihren Teil und schweigt lieber)

Arzt: „Fahren Sie doch einfach mal für drei Wochen ans Tote Meer.“

Patientin: „Das ist keine Alternative. Ich bin selbständig und kann nicht einfach so verschwinden.“

(Mal ganz abgesehen von den Kosten, die wir im Moment nicht tragen können. Und ob die Krankenkasse das zahlt… Anm. d. Red.)

Arzt: (beginnt das Prinzip der Osmose zu erklären)

Patientin, angesäuert: „Danke. Ich habe zwar kein Abitur und auch nicht studiert, aber das brauchen Sie mir wirklich nicht zu erklären.“

Arzt: „Ich verordne Ihnen Kompressionsstrümpfe. Die tragen Sie mindestens 23 Stunden (!) am Tag. Abwechselnd, denn wenn jetzt zu viel Wasser auf einmal in den Körper zurückgedrückt wird, ist das auch nicht gut.“

Patientin: (ein Paar, 23 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche – wird lustig mit dem Waschen und einiger weiterer hautbedingter Nebeneffekte)

Arzt: „Aber sinnvoller wären drei Wochen am Toten Meer.“

Die Frage, warum die Schmerzen nach dem Aufstehen, wenn das Wasser aus den hoch gelagerten Beinen deutlich reduziert ist, am schlimmsten sind, blieb bedauerlicher Weise unbeantwortet.

Da wirst du sprachlos. Die zweitbeste Ehefrau von allen fährt nach dem Termin zu ihren Montagskursen und kommt später als üblich nach Hause. Sie tanzt sich nach Ende der Kurse den Frust vom Leib. Sehr zum Leidwesen des schmerzenden Fußes. Der Frustpegel steigt wieder auf Höchstwerte.

Vor Absprache des ersten Termins in dieser Praxis hatte die zweitbeste Ehefrau von allen bei einem anderen Orthopäden einen Termin aufgrund akuter Schmerzen vereinbart. Nur liegt dieser noch sechs Wochen später als der hier vereinbarte ursprüngliche Termin. Vorsorglich hatte sie ihn nicht abgesagt. Auf das Ergebnis nach Einholen der zweiten Meinung darf man gespannt sein.





Mittwoch, 29. August 2018

Vorstellungen, Staffel 2, Teil 7 - Sie brennen

Die Mitarbeiterin des Lungenarztes hatte den Wunsch geäußert, daß ich eine CD mit der Röntgenaufnahme meiner Lunge zum Termin mitbringen möchte. Diese gilt es nun noch zu besorgen.

Am Empfang des Krankenhauses erkundige ich mich, wie in dieser höchst bedeutsamen Angelegenheit idealerweise vorzugehen sei. Man verweist mich – durchaus naheliegender Weise – auf die Röntgenstation, den Gang runter, zweimal links und schon wäre ich da. Die zweitbeste Ehefrau von allen und ich folgen der Wegbeschreibung und werden auch ohne Navigationssystem oder WegeStraßenKarte (voll retro) problemlos fündig. Vor den Röntgenkabinen sind mehrere Sitzreihen mit einfacher Bestuhlung sowie ein etwas bequemer aussehendes Sofa aufgebaut. Ein Paar hat es sich auf den Stühlen bequem gemacht, ansonsten ist alles leer. Die zweitbeste Ehefrau von allen nimmt zielsicher das Sofa in Beschlag, während ich mich zur Anmeldung begebe.

Ich betätige den zu eben diesem Zweck aus ästhetischer Betrachtungsweise zwar unschön aber vermutlich doch technisch fachgerecht montierten Klingelauslöseknopf des verlassenen Anmeldebüros. Sofort erscheint eine Mitarbeiterin. Ich schildere mein Begehr. Ja, das sei kein Problem. Ob ich denn die CD vorbestellt habe. Nein, habe ich nicht, aber es eile nicht so übertrieben, ich könne auch bei anderer Gelegenheit vorbeischauen und selbige abholen, falls es gerade nicht passe. Ich habe ja noch fast zwei Monate Zeit. Nein, ich könne eben warten, sie brenne die CD.

Ich stelle mich in der Nähe der Anmeldung auf und will hier warten, aber die zweitbeste Ehefrau von allen signalisiert mir, daß sie meine Anwesenheit auf dem Sofa bevorzuge. Als gut erzogener Ehemann leiste ich ihrer Weisung natürlich Folge.

Wir warten und beobachten vorbeikommende Patienten und Krankenhausmitarbeiter. Dabei stellen wir fest, daß die hohe Kunst, beim Laufen die Füße hochzunehmen, mutmaßlich dem Aussterben anheimzufallen droht. Gerade das Schlurfen sorgt sehr schnell und insbesondere im fortgeschrittenen Alter dafür, über irgendwelche Dinge wie Kabel oder sonstige herumliegende, auch eher flache Gegenstände zu stolpern. Und ein Bein- oder gar ein Beckenbruch ist erst recht im fortgeschrittenen Alter keine schöne Sache. Aber mit diesen Erkenntnissen redet man trotzdem regelmäßig vor Wände, wie man am Beispiel meines Schwiegervaters unschwer zu erkennen vermag.

Weitere Patienten melden sich zum Röntgen an. Eine Mutter mit ihrem im Teenageralter befindlichen Sohn spricht vor. Der Junge erweist sich förmlich als Energiebündel. Gespeicherte Energie zur späteren Verwendung wohlgemerkt. Pubertierende halt. Wieder bin ich froh, nicht den Mühsalen einer Vaterschaft anheimgefallen zu sein und schon vor Jahren nachhaltig dafür gesorgt zu haben, daß dies auch niemals geschehen werde. Die Sitzreihen füllen und leeren sich. Das Pärchen, welches bereits bei unserer Ankunft wartete, war ebenfalls nur zum Abholen einer CD erschienen und hatte diese zwischenzeitlich im Empfang nehmen können.

Wir warten weiter. Nach einiger Zeit wird die zweitbeste Ehefrau von allen zunehmend unleidlich. Sie hat immer noch nichts gegessen. Ich biete ihr an, daß sie gerne fahren könne, entweder zu ihrer Mutter ins Krankenhaus oder nach Hause, ich käme dann mit dem Bus nach. Mein Angebot wurde höflich aber bestimmt abgelehnt. Schließlich bringe ich mich bei der Anmeldung der Röntgenstation in Erinnerung. Ja, hier wären mittlerweile unzählige abholbereite CDs, meine CD sei auch schon längst gebrannt, man habe mich nur nicht mehr gesehen.

Hmmm, na ja, man hätte meinen Name ja auch mal in die Runde rufen können. Aber daß ich nach meiner unsagbar schweren, körperlich belastenden und zehrenden Erkrankung so ein unscheinbarer Hänfling geworden bin, der sich auf einem Sofa sitzend hinter seiner Frau bis zur Unsichtbarkeit verstecken kann, wäre mir jetzt nicht ganz so bewusst. Und dies umso mehr, als daß ich weiß, daß die besagte Mitarbeiterin in der Zwischenzeit mehrfach an uns vorbeigegangen ist. Klugscheißerisch komme ich dennoch nicht daran vorbei hier zu erwähnen, daß ich weiß, warum ich lieber in der unmittelbaren Nähe der Aufnahme der Röntgenstation gewartet hätte als auf dem doch etwas abseits stehenden Sofa.

Mit dem Gewünschten versorgt begeben wir uns nach draußen, stellen fest, daß es immer noch zu warm ist, und fahren nach Hause. Vor Montag wird mit meinem Beatmungsgerät nicht mehr passieren, davon ist auszugehen.

Die Zeit wird knapp.

Zu Hause wird Balduin ordentlich im Carport verstaut. Ich schnappe mir meine für den wider Erwarten ausgebliebenen Krankenhausaufenthalt gepackte Tasche und bewege mich per pedes gemeinsam mit der zweitbesten Ehefrau von allen in Richtung Wohnhöhle, als wir unserem Postboten begegnen.

„Na, da ist der Faulenzer ja wieder.“ lacht er uns an. „Und weiter gute Besserung.“

Direkt nach Frau Kleinhüppgenreuther scheint mir unser Postbote hier in der Gegend die am besten informierte Person zu sein. Im Gegensatz zu Frau Kleinhüppgenreuther ist dieser jedoch wirklich ein ausgesprochener Sympathieträger, nicht im Geringsten geschwätzig und immer für einen Scherz gut.

Mögen wir ihn noch lange behalten.




Dienstag, 28. August 2018

Vorstellungen, Staffel 2, Teil 6 - Im Labyrinth

Der Aufbruch zum Krankenhaus wird sich etwas verzögern. Die zweitbeste Ehefrau von allen hat wegen ihres Fußleidens einen Termin, bei dem sie in die Röhre gucken darf. Natürlich braucht das alles seine Zeit. Auf dem Rückweg zum Auto gerät sie in einen Wolkenbruch. Sie lässt mir ein Selbstportät Selfie zukommen. Ja, da ist jemand nach kaum 20 Metern Fußmarsch ordentlich durchnässt. In diesen Tagen gibt es nur zwei Alternativen: Entweder ist man nassgeschwitzt oder nassgeregnet. Die Frage, ob der warme Schauer das angenehmere Übel sei, möge ein jeder für sich selbst beantworten.

Ich packe meine Tasche und stelle mich rein vorsorglich darauf ein, bis Montag im Krankenhaus zu bleiben. Sicher ist sicher, ich bin gerne vorbereitet. Wir erreichen das Krankenhaus zur Mittagszeit und bewegen uns zielstrebig in die Not-Notaufnahme. Weiterhin sind wir übereinstimmend der Meinung, daß dies nicht so ganz richtig sein kann, aber wir tun erst mal so, wie mir ärztlicherseits geheißen.

Die Not-Notaufnahme ist nicht gerade überlaufen. Vor mir in der Reihe steht eine Dame, abgestützt auf zwei Krücken Gehhilfen. Sie gibt ihrem Mann weitere Anweisungen, welche Tasche er von wo auch immer zu besorgen habe. Es geht ihr nicht gut, sie schwankt etwas und lehnt sich gegen die offene Tür zur Patientenannahme.

Eine Krankenschwester erscheint mit einem Patienten im Elektro-Rollstuhl. Sie möchte in die Not-Notaufnahme; der Weg dorthin führt zwangsläufig an der Patientenaufnahme vorbei. Da der Zugang für den Elektro-Rollstuhl äußerst knapp bemessen ist und sie diese nur passieren kann wenn der Rollstuhl exakt gerade ausgerichtet ist, bittet sie die Dame vor mir, Platz zu machen. Diese verneint das Ansinnen mit dem Hinweis, daß ihr schwindelig sei. Kaum ausgesprochen, sackt sie auch schon zur Seite weg. Die Krankenschwester greift zu und ruft in Richtung der Patientenaufnahme um Hilfe. Eine Frau in schwarzem Oberteil aus dem Wartebereich springt auf, stellt sich in die Nähe des Geschehens und beginnt - zu glotzen. Die unmittelbar dabei sitzende zweitbeste Ehefrau von allen springt ebenfalls hoch, schubst die Glotzerin zur Seite und unterstützt die Krankenschwester bei der Stabilisation der zusammengebrochenen Dame. Ich selbst habe hinter allen Beteiligten stehend nichts unternommen, denn ich habe von meiner Position aus gesehen, daß ein Arzt zufällig an dem Tresen der Patientenaufnahme stand und zur Stelle sein würde, noch bevor ich mich selbst in eine zweckdienliche Position bringen könne. Ich hätte erst einen Sprint an der Gerätetasche vorbei um alle Beteiligten herum anstellen müssen, also scheint es so eindeutig sinnvoller zu sein. Alles geschieht in wenigen Augenblicken. Es ist in der Nachschau interessant, welche Abwägungen in derart kurzer Zeit möglich sind. Die Glotzerin glotzt hirnlos weiter, bewegt sich nicht vom Fleck und scheint über etwas nachzudenken. Vermutlich überlegt sie (Achtung, böswilliges Vorurteil!), warum sie nicht schnell genug ihr Smartphone zücken konnte. Es wäre so eine schöne Aufnahme geworden. Warum ging das auch alles so schnell? Und dann wurde sie ja auch noch von der fremden Frau gestoßen. Ja quasi tätlich angegriffen. Sehr ärgerlich.

Nachdem die Dame versorgt ist werde ich aufgefordert einzutreten. Aha, die Ablauforganisation hat sich seit meinem letzten Besuch wohl etwas verbessert. Ich zeige meine Einweisung und schildere mein Anliegen. Wenig überraschend teilt man mir mit, daß dies wohl eher keine Sache für die Notaufnahme wäre. Bevor ich etwas sagen kann, fängt die Dame an der Patientenaufnahme an, vor sich hin brummelnd, man sei ja nicht auch noch dafür zuständig denjenigen rauszusuchen, den man mit meinem Problem behelligen könne, eine Telefonnummer ausgegraben, bei der sie auch direkt anruft. Nein, der eigentlich zu Erreichende sei gerade bei Tisch und ich möge einen Termin auf Station 3 vereinbaren. So verließ ich die Not-Notaufnahme.

Einen Termin zu holen ist jetzt nun eine wenig weiterführende Lösung. Meine Krankschreibung dauert nur noch bis Dienstag, heute haben wir Freitag. Ich muß die Zeit nutzen, mich an den Ablauf mit dem Beatmungsgerät zu gewöhnen, bis ich wieder arbeiten gehe. Das wird eng.

Station 3 ist die Station mit Patienten, welche deutlich ernsthaftere Beatmungsprobleme haben. Das kann nicht so ganz richtig sein. Also beschließen wir, die Station 1 aufzusuchen, auf welcher ich in der Woche zuvor gelegen hatte. Ich melde mich am Etagenstützpunkt, trage mein Anliegen vor und gebe auch den Zettel mit der Telefonnummer weiter, welche man mir in der Not-Notaufnahme mitgegeben hatte.  Nein, einen dazugehörigen Namen habe ich nicht. Man vergleicht die Nummer mit einer Übersicht und stellte fest, daß diese zum Atemtherapeuten auf der eigenen Station gehöre. Prima, damit bin ich schon mal nicht ganz verkehrt. Dieser sei allerdings gerade nicht am Platz, man werde ihn benachrichtigen, ich möchte so lange im Wartezimmer auf der Etage Platz nehmen. Aber gerne doch. Warten kann ich. Es gibt Phasen in meinem Dasein, zu denen ich durchaus der Überzeugung bin, daß mein Leben überwiegend darin besteht darauf zu warten, daß andere Menschen irgendwann mal den ihnen zugewiesenen Part eines Handlungserfordernisses erledigen, damit ich endlich mit meinem Teil des Anstehenden zielführend beginnen kann.

Das Wartezimmer erweist sich als ehemaliges Einbettzimmer. Markante Farbfelder an den Wänden, dazu einige nicht mehr genutzte Anschlüsse sprechen eine deutliche Sprache. Das Mobiliar stammt vermutlich aus den 80ern oder frühen 90ern. Auf einem Sideboard liegen Bücher herum. So wie die aussehen würde ich die nicht mal mehr mit der Kneifzange anpacken. Ich frage mich, wer so verwegen wäre, diese noch lesen zu wollen. Vielleicht genügt  aber auch der Einsatz von ein paar Gummihandschuhen, wie sie hier auf jedem Zimmer in unterschiedlichen Größen in ausreichender Anzahl vorzufinden sind.

Das Mittagessen wird verteilt. Während ich zu Hause schon vorsorglich ein paar vom Vorabend übrig gebliebene Falafel zu mir genommen hatte, ist die zweitbeste Ehefrau von allen noch – um in Klinikjargon zu bleiben – nüchtern. Der Geruch des Essens spricht sie gerade nicht sonderlich an, aber die direkte Sicht auf einen Becher Schokoladenpudding mit Sahne setzt ihr schon zu. Wir warten weiter. Und warten. Ich bin da ja – wie bereits erwähnt - ein durchaus geduldiger Typ, zumal man ja unangemeldet in einen eher vorgeplanten Ablauf hineinschneit, doch die zweitbeste Ehefrau von allen weist mich dezent darauf hin, daß in einer halben Stunde Schichtwechsel sei. Diesen wähne ich eine Stunde später, erkenne aber meinen Irrtum und bin daher auch gewillt, ihren Hinweis zu akzeptieren und die sich daraus ergebenden Konsequenzen zu ziehen. Denn bis zum Schichtwechsel  sollte die Sache hier schon erledigt sein, denn sonst könnte es schwierig werden. Ich hätte aber auch nicht gedacht, daß es schon so spät ist.

So mache ich mich wieder auf dem Weg zum Stützpunkt. Hier treffe ich auf Schwester Betty, und auch der Hase läuft kurz durch mein Blickfeld. Schwester Betty schaut mich an.

„Hmmm, wir kennen uns aber auch.“

„Ja, wir haben hier letzte Woche zwei Nächte miteinander verbracht. Und schauen Sie mal: Ich habe extra für Sie nichts Gelbes mitgebracht.“

Mit diesen Worten präsentiere ich mein sehr geschmackvolles rotes T-Shirt mit dem Karibik-Bild auf der Front. Ein erkennendes Grinsen auf ihrem Gesicht zeigend wendet sich Schwester Betty der neben ihr sitzenden Kollegin zu:

„Weiß du, ich hasse Gelb. Herr Paterfelis ist da wirklich sehr rücksichtsvoll.“

Wiederum erörtere ich mein Anliegen. Zufällig kommt in diesem Moment der Atemtherapeut vorbei, welcher direkt durch Schwester Betty abgefangen wird. Nach einem kurzen Wortwechsel kommt sie wieder zu mir zurück.  Ja, bitte gehen Sie nochmal ins Wartezimmer, er wird gleich bei Ihnen sein.

Nach wenigen weiteren Warteminuten betritt dann auch der Atemtherapeut das Wartezimmer. Er stockt kurz.

„Wir haben uns aber auch schon mal gesehen.“

„Richtig, letzte Woche hatten wir schon mal das Vergnügen.“

Ja, mich vergisst man nicht so schnell.

Zum was weiß ich wie vielten Mal erzähle ich von meinem Problem. Als ich zu der Stelle gelange, an dem ich den Hinweis auf das von der Verordnung abweichende Gerät einbringe, zieht er eine Augenbraue hoch, sagt aber nichts weiter. Ich betone nochmals, daß ich nicht darauf herumreite, daß es zwingend am Gerät liegen muß, mir die Information aber durchaus erwähnenswert erscheint. Der Atemtherapeut nimmt das Beatmungsgerät mit nach nebenan und liest die Daten aus. Er kommt zurück und bestätigt, daß die Einstellungen stimmen. Mit dem Entlassungsbericht in der Hand geht er wieder nach nebenan und fängt an zu telefonieren. Zum größten Bedauern der zweitbesten Ehefrau von allen ist es gerade etwas laut auf dem Flur, die Reste vom Mittagessen werden abgeräumt. Sie versteht nur wenige Worte des Telefonates.

Nach einiger Zeit kommt er wieder. Er habe mit der Firma Katzenfels gesprochen. Das Gerät sei ausgetauscht worden, weil entsprechende Verträge mit meiner Krankenkasse bestehen würden. Also wie vermutet eine reine Sparmaßnahme, denn das mir überlassene Gerät sei deutlich billiger. Nunmehr würde er eine neue Verordnung ausschreiben und auf das Erfordernis hinweisen, das tatsächlich verordnete Gerät auszuliefern. Es kann schon mal vorkommen, daß trotz gleicher Einstellungen auf verschiedenen Gerätetypen abweichende Leistungswerte erbracht werden, insbesondere auch was die Stärke und Ausgestaltung der Luftströmung angeht. Und genau das sei ja wohl auch mein Problem. Übernachten müsse ich deswegen nicht im Krankenhaus, eine Testphase sei nicht erforderlich. Er gibt mir die Einweisung zurück und weist mich darauf hin, daß ich bei weiteren Problemen gerne direkt zu ihm kommen könne.

Ja, das ist meine Vorstellung von einem ordentlichen Ablauf.

Doch noch sind wir hier nicht fertig. Da war ja noch etwas.




Montag, 27. August 2018

Vorstellungen, Staffel 2, Teil 5 - Versuch und Irrtum

Morgens rufe ich im Büro des Mitarbeiters der Firma Katzenfels an und erkläre, daß etwas nicht stimme. Ich komme mit dem Gerät nicht zurecht, welches im Übrigen auch nicht das sei, welches verordnet wurde. Eventuell müssen die Einstellungen geprüft werden.

Der Herr am Telefon ignoriert wie immer meinen Hinweis auf das abweichende Gerät und erklärt mir ansonsten lapidar, daß die Einstellungen stimmen würden. Woher er diese Erkenntnis hat, bleibt mir unbekannt, denn das Gerät wurde erst hier vor Ort nach der Übergabe eingerichtet.  Ein technisches Protokoll in Form eines Geräteausdrucks oder einer Protokolldatei gibt es nicht. Ich müsse mich ansonsten an den verordnenden Arzt wenden, so die Telefonstimme. Die Antwort ist jetzt eher unbefriedigend, aber hier komme ich nicht weiter.

Also vereinbare ich als nächste Anlaufstation zur weiteren Problemlösung einen Termin bei meinem Hausarzt, den ich für 17.35 Uhr erhalte. Damit wäre dieser Tag schon mal verloren. Schlußendlich gelingt es mir auch nach Absitzen einer zehnminütigen Warteschleife einen Termin beim Lungenarzt zu vereinbaren. Aus geplant Ende Juni wird Anfang August. Ich möge mir Zeit mitbringen, die erste Untersuchung bei Herrn Professor Dr. Hassenichgesehen dauert stets mindestens zwei Stunden. Außerdem würde ich ein Kontrollgerät erhalten, welches ich in der Nacht anlegen und am nächsten Tag zur Auswertung zurückgeben müsse. Na prima, wieder zwei Arbeitstage im Arsch Popo verloren. Und außerdem habe ich gepflegte Vorbehalte gegen Menschen mit einem Übermaß und Zusätzen vor dem Namen.  Zum Termin möge ich die Röntgenaufnahmen meiner Lunge auf CD sowie den Entlassungsbericht aus dem Krankenhaus vorlegen. Gut, letzteres habe ich, die Aufnahmen muß ich besorgen. Die hätte man mir eigentlich auch gleich bei der Entlassung mitgeben können.

Als nächstes kontaktiere ich Frl. Hasenclever und lasse mir für die Tage, welche ich beim Lungenarzt verbringen werde, Urlaub eintragen. Damit sind die ersten beiden Tage meines Jahresurlaubes aus und für 2017 auch verbraten. Nicht ganz so schlimm, es gibt ja keine Zinsen darauf und das Zeug muß schließlich weg. Trotzdem hätte ich die lieber anders verbraten.

Der Termin beim Hausarzt nähert sich. Das Beatmungsgerät habe ich dabei. Eventuell ist er ja in der Lage, die Einstellungen auszulesen. Ich als Patient bin dafür gesperrt. Natürlich kann ich nachvollziehen, daß ich nicht in die Lage versetzt sein soll, Einstellungen zu ändern, aber wenigstens das Nachlesen…

Ich bin zu früh da, der Arzt hängt etwas im Zeitplan hinterher. Ich werde ins Wartezimmer umgesteuert. Die Belüftungsanlage arbeitet dieses Mal, es ist angenehm kühl. Wir sind nur zu zweit. So also kann ein Wartezimmer auch funktionieren. Es ist durchaus erträglich. Schließlich werde ich ins Sprechzimmer vorgelassen.

Die Frage nach meinem Befinden beantworte ich wahrheitsgemäß. Noch bin ich etwas schlapp, was aber durchaus auch am Wetter liegen kann, welches mir in dieser Ausprägung immer sehr zusetzt. Dann kommen wir zum Kern der Sache. Ich schildere mein Problem.

Nicht ganz unerwartet ist der Arzt was diese Gerätschaften angeht machtlos. Na gut, einen Versuch war es wert. Ich erhalte eine Notfalleinweisung ins Krankenhaus. Dort solle man die Einstellungen prüfen. Eventuell würde man mich eine Nacht zur Kontrolle mit dem eigenen Gerät vor Ort behalten.  Morgen früh solle ich mich in der Notfallambulanz des Krankenhauses melden. Na ja, als Notfall sehe ich das jetzt nicht, aber ich habe immerhin die Vorstellung, einen Schritt weiter zu sein.


Sonntag, 26. August 2018

Vorstellungen, Staffel 2, Teil 4 - Berauscht

Mein Schlafzimmer, man erinnere sich, daß die zweitbeste Ehefrau von allen und ich unter anderem aufgrund unserer sehr stark voneinander abweichenden Tag-Nacht-Phasen getrennte Schlafzimmer haben, ist aktuell umständehalber und auch nur vorübergehend mit einigen Kartons und Klappboxen zugestellt.  Ich beginne damit, für meine beiden neuen Errungenschaften Platz zu schaffen und baue alles auf. Zur verordneten und dringend erforderlichen Befeuchtung der Luftzufuhr ist zur Vermeidung der Verkalkung abgekochtes oder destilliertes Wasser erforderlich. Ich koche entsprechende Mengen an Wasser weisungsgemäß zehn Minuten ab. Destilliertes Wasser in der erforderlichen Qualität wird später beschafft. Kostet ja auch nicht die Welt.

Die zweitbeste Ehefrau von allen ist wieder bei ihrer Mutter im Krankenhaus und wird von dort zu ihrem Mittwochskurs weiterfahren. Sie teilt mir von unterwegs mit, daß mich abends noch ein Paketbote heimsuchen wird, welcher üblicherweise ab 18 Uhr zu erwarten sei. Es wurden von ihr noch einige Liter destilliertes Wasser bestellt, welches auch tatsächlich in einer tagesaktuellen Lieferung zugestellt werden wird. Nach meinen Vorstellungen war das jetzt so nicht erforderlich, schadet aber auch nicht. Danke für die Vorwarnung, so hat der Paketbote die Chance, daß ich ihm die Tür öffne. Insbesondere die Herrschaften von den privaten Lieferdiensten streicheln eigentlich eher mal die Türklingel und verschwinden dann wieder, bevor man auch nur die Chance hat, sich passende Kleidung überzuziehen oder aus dem Souterrain über die Treppe rauf zu kommen. Und das geht bei mir zügig, wenn es klingelt. Beides! Diese Lieferung soll dankenswerter Weise von einem der gelben Männchen übernommen werden, welche hier in der Gegend diesbezüglich eine empfängerfreundlichere Arbeitsweise an den Tag legen. Zumindest diejenigen, welche nicht gerade zur Aushilfe als Urlaubsvertretung aktiv sind. Auch der Zeitpunkt der Lieferung passt mir durchaus, bietet sie mir doch die Gelegenheit, endlich mal wieder einen längeren Spielfilm anzusehen, ohne das Risiko zu erleiden, im hoffentlich spannenden Finale durch das Klingeln an der Tür gestört zu werden. Hätte es nicht gepasst, würde ich den Film noch nicht mal anwerfen. Wir hatten das Thema ja schon mal angekratzt.

Gegen 17 Uhr erreicht mich die Nachricht, daß der Paketbote voraussichtlich zwischen 19.00 und 19.30 Ihr erscheinen wird. Der Countdown läuft. Es wird 19.04 Uhr.  Die zweitbeste Ehefrau von allen leitet mir eine Nachricht von 19.03 Uhr weiter: Der Paketbote erscheint in fünf Minuten. Ich lese die Nachricht, da klingelt es an der Tür. Es ist 19.05 Uhr. Der Paketbote bringt ein schweres Doppelpaket. Ich nehme es an und melde pflichtschuldigst zurück: angekommen. Drei Minuten zu früh. Ein unglaublicher Skandal. Auf nichts kann man sich mehr verlassen. Ich erwäge, eine Beschwerde zu schreiben.

Es nähert sich die Zeit, die Koje aufzusuchen. Die Verbindung zwischen dem Sauerstoffkonzentrator und dem Beatmungsgerät ist hergestellt. Ich werfe den Sauerstoffkonzentrator an. Er steht erst mal neben meinem Bett und verursacht einen durchaus beachtlichen Lärm. Es rauscht, zischt und klackt, regelmäßige atemähnliche Geräusche sind neben dem Dauerrauschen des Luftansaugers vernehmbar.  Lilly und Marty retten sich von Panik erfüllt aus dem Schlafzimmer. Nach einiger Zeit lässt sich Lilly wieder locken, während Marty die Sache von der Sicherheit der Tür aus beobachtet. Von Smilla gibt es weit und breit keine Spur, was aber zu dieser Zeit auch nicht sooo unnormal ist. Dennoch kann der geneigte Leser versichert sein, daß in Fällen ungewöhnlicher Lärmentwicklung Smilla die erste unserer Katzen ist, die sich in Deckung bringt, dicht gefolgt vom Hauskater. Lilly ist da inzwischen ein wenig abgebrühter und regelt dies in Abhängigkeit von ihrer Tagesform.

Na prima. Mit Ohrenstöpseln sollte es zumindest mir gelingen, die Geräusche auszublenden, aber die sind gerade keine Option. Im Normalfall werde ich ja vor meinem Wecker wach und passe auf, daß er zur vorgesehen Uhrzeit anspringt, aber der Sinn der anstehenden Übung ist es, meinen Schlaf zu verbessern. Da könnte es natürlich passieren, daß ich auch morgens länger schlafe und – zu meinem größten Befremden - plötzlich auf den Wecker angewiesen wäre. Mit Ohrenstöpseln wäre das eine eher schlechte Voraussetzung. Und auf den organischen Wecker in Form der zweitbesten Ehefrau von allen… ach, vergessen wir diesen Gedanken. Und selbst die Katzen funktionieren zu diesem Zweck nicht, denn die stören mich morgens im Bett, wie meine Feststellungen an Wochenenden und im Urlaub ergeben haben, tatsächlich er zu späterer Stunde und dann meistens auch erst, wenn sie den Eindruck haben, daß ich wach bin. Brave Tierchen.

Ich setze die Schlafmaske auf und habe sehr schnell das Gefühl, nicht ausreichend mit Luft versorgt zu werden. In mir wächst das Bedürfnis, durch den Mund zu atmen. Gerade das soll aber vermieden werden und war im Krankenhaus auch kein Problem. Hier schon. Ich öffne unwillkürlich den Mund und warte auf eine Art Schlag gegen die Nase, den es im Krankenhaus auch gegeben hat, wenn ich den Mund, etwa um etwas zu trinken oder zu sprechen, geöffnet hatte. Der Schlag war hier nur ein Schlägchen. Da stimmt was nicht. Dennoch versuche ich zu schlafen.

Nach einer guten Stunde gebe ich auf. Nicht nur der Krach neben meinem Bett, sondern noch mehr das Gefühl der Luftnot lassen mich nicht einschlafen.

Morgens wiederhole ich den Versuch. Das Ergebnis ist identisch. Nein, so funktioniert es nicht.

Mist!




Samstag, 25. August 2018

Vorstellungen, Staffel 2, Teil 3 - Man gebe mir Sauerstoff

Die zweitbeste Ehefrau von allen steht grummelig um sieben Uhr auf, damit sie rechtzeitig bis acht Uhr den Bereitschaftszustand zum Empfangen eines Besuchers erreicht habe wird. Wir hegen so unsere Zweifel daran, daß der vereinbarte Termin von dem Mitarbeiter der Firma Katzenfels wahrgenommen wird und zeigen uns gegenseitig sehr übereinstimmend umso überraschter, als es um acht Uhr morgens tatsächlich klingelt. Der erwartete Herr tritt mit mehr oder weniger leichtem Gepäck – zwei größeren Taschen – ein und nimmt Platz.

Als er das Beatmungsgerät auspackt erkenne ich sofort, daß es sich dabei nicht um das Gerät entsprechend der Verordnung aus dem Krankenhaus handelt. Der Herr ignoriert meinen Hinweis. Nun, mich stört es nicht wirklich. Ich vermute Sparmaßnahmen seitens der Krankenkasse. Wenn dieses Gerät die gleichen Leistungen bringt wie das Verordnete, soll es mir egal sein. Mir ist auch egal, ob irgendwelche Tabletten, die bislang grün und eckig waren, auf einmal gelb und rund daherkommen. Die Bedienung des Gerätes wird mir erläutert. Und das auf einem Niveau für Halbgescheite. Auch das stört mich – im Gegensatz zur zweitbesten Ehefrau von allen – auch nicht weiter. Wer weiß, welchen Gestalten die Einweisung in das Gerät mitunter vermittelt werden muß. Da ist es schon sinnvoller, vom DAU auszugehen. Die Bedienung des Gerätes erweist sich tatsächlich als durchaus anwenderfreundlich.

Den mitgelieferten Unterlagen entnehme ich, daß dieses Gerät entgegen meiner Vorstellung – obwohl ich es voraussichtlich lebenslang benötige – nur durch die Krankenkasse gemietet und mir zur Verfügung gestellt wird. Ob dies wirtschaftlich sinnvoll ist, vermag ich im Moment nicht zweifelsfrei zu ergründen.

Kaum haben wir uns von dem Katzenfels-Menschen verabschiedet, wird auf dem Telefon wieder die Katzenfels-Spamnummer angezeigt. Ich bin dann mal so entgegenkommend und nehme das Gespräch an. Die Stimme am anderen Ende erklärt mir freundlich, daß ich noch Sauerstoff erhalten werde und ob der Fahrer heute Mittag vorbeikommen könne. Klar, kann er, ich habe nichts weiter vor. Also mal ehrlich: Wenn dieser ganze Telefonterror in den letzten Tagen nur dazu dienen sollte, die Lieferung anzukündigen oder abzusprechen, dann hätte man das sicher einfacher haben können. Zum Beispiel, indem man eine Nachricht hinterlässt mit dem Hinweis auf den Zeitpunkt der Lieferung oder einem Rückrufwunsch. Aber doch nicht so. Und sogar ich als jemand, der mit Telefonen so wirklich nicht kann, würde das Notwendige auf einen Anrufbeantworter sprechen.

Aber wieso überhaupt Sauerstoff? Ich schaue nochmal in den Entlassungsbericht des Krankenhauses. Tatsächlich, mir sollen über das Beatmungsgerät in der Nacht zwei Liter Sauerstoff pro Stunde zusätzlich zugeführt werden. Mag ja durchaus sein und scheint auch nur eine befristete Sache zu werden, bis die Sauerstoffzufuhr über die Lunge wieder besser möglich ist. Das zu bewerkstelligen ist unter anderem auch eine Nebenfunktion des Beatmungsgerätes. Mit der Lungenentzündung hat dies nichts zu tun.

Es gibt zwei Möglichkeiten, den Sauerstoff an den Mann zu bringen. Einerseits über Sauerstoffflaschen, welche regelmäßig aufgefüllt werden müssen. Ein ziemlicher Aufwand, und wenn ich bedenke, daß ich jede Nacht zwei Liter pro Stunde davon benötige, wird das doch ziemlich unschön. Bloß das nicht. Plan B ist ein mobiler Sauerstoffkonzentrator. Das Gerät saugt Luft an, filtert diese und leitet den so herausgezogenen reinen Sauerstoff über einen Schlauch an das Beatmungsgerät weiter. Hätte der Typ von heute Morgen auch gleich mitbringen können. Im Krankenhaus war das Gerät nicht nötig, da kommt der Sauerstoff aus der Wand.

Pünktlich um 12 Uhr liefert ein Typ in blauer Arbeitshose – nicht der von gestern, und er blockiert auch nicht den Carport – den Sauerstoffkonzentrator. Einen durchaus beachtlichen Geräteklotz auf Rollen mit einem Gewicht von 15 bis 20 Kilogramm. Beigefügt sind unter anderem eine einfachere Atemmaske für den Tag, die ich auch schon aus dem Krankenhaus kenne, sowie ein 15 Meter langer Schlauch, damit ich mich damit auch durch die Wohnung bewegen könne. Wie, für den Tag? Davon weiß ich nichts. Doch doch, das stehe so auf seinem Arbeitszettel, teilt mir der Blaumann Blaumann eifrig mit. Später gleiche ich das mit dem Entlassungsbericht aus dem Krankenhaus ab. Nein, nur nachts. Das Ding hätte mir tagsüber auch noch gefehlt. Auch hier ist die Bedienung einfach und wie beim Beatmungsgerät stellt sich die Reinigung auch eher als lästig denn kompliziert dar.

Ich bin gespannt auf die erste Nacht.

Einen Termin beim Lungenarzt konnte ich noch nicht vereinbaren.





Freitag, 24. August 2018

Vorstellungen, Staffel 2, Teil 2 - Eine Lieferung

Am Dienstag beginne ich, nachdem sich die zweitbeste Ehefrau von allen wieder auf den Weg zu ihrer Mutter gemacht hat, die Wohnung in einen Zustand zu versetzen, welche aus meiner Perspektive das Empfangen von Besuchern ohne großartige Peinlichkeiten zulassen sollte. Aufgrund der anhaltenden Temperaturen und der Schwüle, gegen die auch die hier permanent laufenden Deckenventilatoren so langsam nicht mehr ankommen,  habe ich nur das Notwendigste an Textilien am Leib. Außerdem habe ich noch nicht geduscht, und frische Kleidung auf einem verschwitzten Körper halte ich für eher wenig sinnvoll. Das Duschen spare ich mir zweckmäßiger Weise für die Zeit nach Abschluss aller Hausarbeiten auf, denn nachmittags steht noch ein Friseurtermin an.

Die älteren Leser erinnern sich eventuell noch an Conny, welche zum Zwecke des Haareschneidens Hausbesuche macht. Das Thema hat sich zwischenzeitlich erledigt. Es dürfte sich finanziell für sie nicht gelohnt haben, mich mit ihrem Utensilien zu bearbeiten, denn irgendwann reagierte sie nicht mehr auf meine Wünsche nach einem Termin. Einfacher Herrenhaarschnitt eben, da ist nicht viel abzuräumen. Kann ich verstehen, aber das hätte man auch anders zum Abschuss bringen können. So bin ich inzwischen bei Connys ehemaliger Chefin Babs gelandet, welche sowohl  die Lieblingsfriseurin der zweitbestehen Ehefrau von allen als auch eine ihrer ATS-Schülerinnen ist. Im Normalfall haben die zweitbeste Ehefrau von allen und ich einen gemeinsamen Termin bei ihr, doch heute war es schon seit Wochen anders geplant; ich hatte einen Einzeltermin.

Da sich das Krankenhaus, in dem sich meine Schwiegermutter aufhält, unweit von Babsens Ladenlokal befindet, würde ich mich mit ausdrücklicher Billigung der zweitbesten Ehefrau von allen mit dem Bus auf den Weg dorthin machen und schließlich nach Vollendung des Werkes von ihr abgeholt werden. Es wäre höchst albern, den ganzen Weg mit dem Auto zurückzufahren, nur um dann wieder umzukehren und schließlich nochmals den Weg zurückzulegen, um wieder nach Hause zu kommen. Daß die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur mal eben 90 Minuten dauert ist ein Umstand, welcher hier in Kauf zu nehmen ist. Mich stört es auch nicht weiter, zumal ich weiß, daß sich der Fluss des Berufsverkehrs zu dieser Zeit in umgekehrter Richtung bewegt und es somit sichergestellt ist, daß ich die Fahrt nicht im Stehen zubringen werde.

Noch harrt jedoch die Dusche meines Besuches, als es an der Tür klingelt. Für den Postboten ist es eindeutig zu früh, und auch die anderen Paketdienste fahren hier nicht zu dieser Uhrzeit vor. Geöffnet hätte ich in meinem aktuell derangierten Zustand ohnehin nicht. Manche sind da schmerzbefreit, ich eher nicht.

Ich werfe einen Blick durch den Türspion. Ein Typ in blauer Arbeitshose wartet draußen. Ein weiterer Blick, jetzt durch das Schlafzimmerfenster, offenbart mir einen kleinen Lieferwagen, welcher den Carport unseres Nachbarn und Hilfshausmeisters, Herrn Knutsen, ziemlich dreist blockiert. Unnötigerweise, wie ich anmerken möchte, denn um diese Uhrzeit sollten sich hier genügend freie Parkplätze befinden. Auf dem Lieferwagen ist in großen Buchstaben der Schriftzug „Katzenfels GmbH & Co KG – Medizintechnik“  zu ersehen. Hallo, geht es noch? Unser Termin ist morgen. Morgen ist Mittwoch. Heute ist Dienstag. Dienstag ist nicht Mittwoch und 12 Uhr ist nicht 8 Uhr. Ganz eindeutig. Man kann sich ja mal im Tag vertun. Oder in der Uhrzeit. Aber nicht beides. Nach dem zweiten Klingeln hinterlässt der Typ in der Arbeitshose mir eine Nachricht im Briefkasten und zieht von dannen. Bei der Nachricht handelt es sich um einen Lieferschein für eine nicht näher bezeichnete Lieferung mit dem Hinweis, mich nicht angetroffen zu haben. Einen Hinweis auf eine erneute Anfahrt oder ähnliches ist nicht aufzufinden.

Meine Vorstellungen von einem geregelten Ablauf weichen von dem bisher erlebten durchaus etwas ab.

Die zweitbeste Ehefrau von allen kommt nach Bekanntgabe der Ereignisse in Fahrt und lässt es sich nicht nehmen, nach unserer Rückkehr von Babs direkt bei der Firma Katzenfels anzurufen, erreicht aber nur noch den Anrufbeantworter, schildert offensichtlichhörbar ziemlich angefressen die Situation und hinterlässt die Nachricht, daß wir gerne wüssten, ob der Termin am morgigen Mittwoch nun wahrgenommen werden wird. Denn eines ist klar: Wenn sie morgens in für sie – man bedenke ihre späten Arbeitszeiten - aller Frühe aufstehen würde, ohne daß der Grund für das frühe Aufstehen auch umgesetzt werden wird, hätte sie nicht nur in ihrer Vorstellung einen neuen Feind fürs Leben.

Erwartungsgemäß gibt es keine Reaktion auf den Anruf. Auch nicht am nächsten Tag. Niemals.





Donnerstag, 23. August 2018

Vorstellungen, Staffel 2, Teil 1 - Firma Katzenfels GmbH & Co KG

Rückblende:  Ich wurde aus dem Krankenhaus entlassen. Mit der Lungenentzündung war ich wohl über den Berg, das Problem mit der Schlafapnoe und der mangelnden Sauerstoffsättigung meines Blutes erfordert jedoch dringlich weitere therapeutische Maßnahmen.


Steigen wir wieder ein ins Geschehen.

Das Wochenende verläuft ohne besondere Vorkommnisse. Vorgestellt hatte ich mir ja seinerzeit einen Film-Marathon zu  selbstgemachten Burgern und einem eisgekühlten koffeinhaltigen Erfrischungsgetränk mit zero Zucker. Danach eventuell noch ein paar Knabberartikel. Letzteres kommt ja nicht ganz so häufig hier vor. Mein Strohwitwerwochenende habe ich nun bekommen, aber es fehlt an den Einkäufen, so daß die Sache mit den Burgern schon mal nicht umgesetzt werden kann. Außerdem fühle ich mich für einen Marathon, und sei es nur im Ramen eines Extrem-Couchings auf dem Monster vor dem Fernseher, nicht fit genug. Also dümple ich das Wochenende so vor mich hin und beschäftige mich in den Phasen des Nichtdümpelns weiter in Farbe und bunt mit der Waschmaschine. Als ob das alles nicht genug wäre kümmere mich sonntags ab sechs Uhr morgens um das in beeindruckender Geschwindigkeit wuchernde Unkraut im Garten. Auch hier wähle ich ausnahmsweise den bequemen Weg und setze überall chemische Kampfstoffe ein. Dennoch würde ich schon eine Woche später wieder Hand anlegen müssen. Man hat ja seine Erfahrungswerte.

Montag klingelt das Telefon um 8.00 Uhr. Keine Rufnummernanzeige. Egal, ich habe eine Vermutung wer das sein könnte und nehme in einem Anfall puren Leichtsinns ab, ohne darauf zu warten, daß der Anrufbeantworter seine gnadenlose Vorsortierung abschließt.

„Firma Katzenfels Medizintechnik, schönen guten Morgen Herr Paterfelis. Ich rufe an wegen des verordneten Beatmungsgerätes. Wir…“

Die durch das Telefonklingeln geweckte zweitbeste Ehefrau von allen trottet aus dem Schlafzimmer und wünscht zu erfahren, mit wem ich in fernmündlichen Kontakt stünde. Ich winke wortlos ab; die Erklärung würde länger dauern, denn mit dem Namen Katzenfels kann sie zu diesem Zeitpunkt vermutlich noch nichts anfangen. Und den freundlichen Herrn am anderen Ende der Leitung eben mit dem Hinweis zu unterbrechen, daß meine privatpersönliche zweitbeste Ehefrau von allen einen gewissen Aufklärungsbedarf hinsichtlich seiner Person und seines Begehrs hat, erscheint mir dann doch situativ interpretiert nicht übertrieben angebracht zu sein.

„… werden Ihnen das Gerät heute Nachmittag vorbeibringen.“

„Ähm, nö, werden Sie keineswegs. Da habe ich Termine, das geht nicht.“

Tatsächlich hat eher die zweitbeste Ehefrau von allen Termine, aber ich weiß ja, daß sie bei der Einweisung meiner selbst in eine grandiose neue Technologie gerne dabei wäre. Sie hat da eher eine Affinität zu als ich inzwischen, auch wenn das mal anders war. Außerdem muß ich auch noch in höchst eigener Person bei meinem Hausarzt vorstellig werden, dessen Praxis ich zwecks Terminvereinbarung  zu diesem Zeitpunkt noch nicht erreicht habe. Also lieber Luft schaffen.

„Dann morgen?“

Morgen ist auch unglücklich, weil ich ja nicht mal weiß, ob ich weiterhin arbeitsunfähig geschrieben werde. Also besser Mittwoch, damit ich zur Not im Büro noch etwas regeln kann, was mir die Terminwahrnehmung im Fall der Fälle ermöglichen sollte. Sofern das überhaupt gerade machbar ist. Ich teile es so der Telefonstimme mit.

„Ja, dann Mittwoch. Sie hätten dann den ersten Termin, so zwischen acht und neun Uhr.“

Gut, machen wir so. Die zweitbeste Ehefrau von allen wird zwar nur wenig amüsiert sein, aber dann ist es wenigstens überstanden. Ich mag es nicht, den halben Tag auf das Eintreten eines Ereignisses warten zu müssen. Das bereitet mir Unruhe und hält mich davon ab, andere Dinge zu tun. Einfach nur deswegen, weil ich weiß, daß ich sie wahrscheinlich nicht ordentlich zu Ende führen kann. Eine durchaus blöde Eigenart von mir, aber ich komme nicht davon weg.

Schließlich erreiche ich auch die hausärztliche Praxis, am Apparat meldet sich die Gattin des Chefs persönlich. Sie hilft also mal wieder aus und sorgt für Komplikationen im ansonsten dort sehr gut eingespielten Betriebsablauf. Mit ihr habe ich nicht so gerne zu tun. Irgendwie fühlt es sich immer so an, als sei man lästig und alleine schon der Gedanke abwegig, zwecks einer Konsultation die Praxis aufsuchen zu wollen. Und dann auch noch zeitnah und krank. Ich habe beinahe ein schlechtes Gewissen. Aber wirklich nur beinahe. Es gibt einen Termin zur Mittagszeit. Sehr gut, dann habe ich den Fixpunkt der Hölle, ihr erinnert euch an die Sache mit dem Wartezimmer, bequem übersprungen.

Die zweitbeste Ehefrau von allen zeigt sich über den Termin wenig glücklich, wollte sie doch noch zu ihrer Mutter ins Krankenhaus fahren. Meine Einwendungen, daß sie ja fahren könne, ich würde dann den Bus nehmen oder laufen, wurde ziemlich rüde abgewiesen. Ich ärgere mich zwar durchaus  über den Tonfall, halte mich aber dennoch zurück, denn schließlich weiß man(n) nach kurz vor dem Status jahrzehntelanger  Beziehung stehend – und dann auch noch immer mit derselben Frau -  wann es angeraten ist, einfach mal die Klappe zu halten. Und das ist zweifellos immer der Fall, wenn die zweitbeste Ehefrau von allen aus dem Schlaf gerissen wurde.

Das Telefon klingelt wieder. Mir wird eine ellenlange Nummer angezeigt, die nicht aus unserer Gegend stammt. Die Vorwahl alleine schon sagt mir gar nichts. Der Anrufbeantworter springt an, niemand spricht drauf. Dafür wiederholt der Anrufer seine Versuche hartnäckig. Innerhalb von fünf Minuten gibt es vier weitere Anrufversuche. Blöder Spammer. Eine weitere Nummer für die schwarze Liste der Frizzbox.  Später.

Mein Hausarzt zeigt sich zufrieden über die Ergebnisse des Krankenhausaufenthaltes. Es sei ja gut gewesen, daß wir die Blutuntersuchung gemacht haben. Ich komme nicht umhin, ihm zuzustimmen, auch wenn mich die Ergebnisse und die daraus resultierenden Folgen weniger begeistern. Schließlich gab es keine für mich spürbaren Einschränkungen. Aber es handelte sich um einen über lange Zeit schleichenden Prozess. Die zweitbeste Ehefrau von allen wird mir später nochmal erklären, daß sie schon bemerken konnte, wie ich abgebaut habe. Und ja, sie hat mich darauf auch schon hingewiesen. Aber wer reagiert schon auf so etwas? So etwas wird auf typisch männliche Weise wegignoriert.

Die Lungenentzündung soll nun weiter von alleine ausheilen, Medikamente benötige ich nicht mehr. Es ist nur eine Zeitfrage. Die weitere Überwachung des Genesungsprozesses sowie der Atemtherapie soll durch einen Lungenarzt erfolgen. Mein Hausarzt schreibt mich für anderthalb Wochen arbeitsunfähig. Danach soll ich mit einer halben Arbeitswoche wieder im Büro starten. Und es auf jeden Fall für einige Zeit ruhig angehen lassen, auch wenn ich der Meinung sei, ich könnte wieder Bäume ausreißen. Ich denke mir meinen Teil dazu, muß aber einräumen, daß ich es zwischenzeitlich, also zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Eintrags (Mitte Juni), bereits mit Unkraut ausreißen getestet habe.





Funktioniert also. Aber ich schweife sinnlos ab. Der Termin beim Lungenarzt wäre dann für Ende Juni vorgesehen, also etwa in vier Wochen ab dem Zeitpunkt meines Besuchs beim Hausarzt.

Den Lungenarzt werde ich später anrufen, wenn die zweitbeste Ehefrau von allen zu ihren Kursen aushäusig ist. Ich hasse es bekanntlich zu telefonieren. Wenn es notwendig ist, rufe ich aber auch irgendwo an. Nur möchte ich dann dabei keine Zuhörer haben. Das gilt auch für die zweitbeste Ehefrau von allen und so läppische Dinge wie die Terminvereinbarung bei einem Arzt. Auch das ist eine Auswirkung der Soziophobie. Sie versteht es nicht, muß es aber akzeptieren. Dafür erreicht mich am später werdenden Nachmittag wieder ein Anruf mit unterdrückter Nummer. Könnte die Firma Katzenfels sein. Ok, das ist wichtig. Ich nehme auf gut Glück den Hörer ab das Telefon in die Hand und drück die Taste, welche die Annahme der Verbindung in die Wege leitet.

„Hier Firma Katzenfels, ich bin jetzt unterwegs zu ihnen und werde in einer Stunde da sein.“

„Nein, werden Sie nicht.“

„???“

Wie ich Ihrem Kollegen (andere Stimme, also eindeutig andere Person - Anm. d. Red.) bereits heute Morgen sagte, habe ich gleich keine Zeit mehr…“

„Oh, dann morgen.“ werde ich unterbrochen.

„Nein, wir haben uns auf Mittwoch geeinigt.“

„Gut, dann werde ich Sie da ja auf meiner Liste finden.“

„Das möchte ich doch hoffen.“

Freundlich beenden wir das Gespräch. Ich stelle fest, daß der Spam-Anrufer es noch ein paar Mal versucht hat. Egal, bei nächster Gelegenheit kommt die Nummer auf den Index, dann ist Ruhe. Neugierig geworden versuche ich zu ermitteln, wer der Spam-Anrufer sein könnte. Och, Firma Katzenfels. Pech. Wenn es wichtig ist, sollen sie auf den Anrufbeantworter quasseln. Was für mich wichtig ist, das ist geklärt: der Termin zur Übergabe und Einweisung in das Beatmungsgerät.

Warten wir ab, was noch geschieht.





Dienstag, 21. August 2018

Ankündigung: Vorstellungen - die Fortsetzung

Aufgrund des überwältigenden Erfolges der ersten Staffel der Serie Vorstellungen hat sich der Sender entschlossen, zwei  weitere Staffeln in Auftrag zu geben. Das ist ja besser als die Schwarzwaldklinik und Emergency Room zusammen, oder?!

Paterfelis, der Held unserer Geschichte, wird in der zweiten Staffel mit Fragen an die Welt konfrontiert.


Sind die Ärzte ohnmächtig?

Wie reagiert Schwester Betty auf ein Wiedersehen?

Warum ruft hier niemand die Feuerwehr, wenn irgendwo etwas brennt?

Ist aus Paterfelis inzwischen ein schmächtiger Hänfling im Schatten seiner Frau geworden?


Erfahren Sie mehr in der zweiten Staffel unserer Serie rund um Paterfelis, gefangen in der Welt des Gesundheitswesens. Die zweite Staffel  setzt einen Tag nach der Heimkehr unseres Helden ein.

Vorstellungen, Staffel 2 – demnächst auf diesem Kanal.

Eklusiv!




Sonntag, 19. August 2018

Unterdrückte Schreie in der Nacht

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Aufgenommen im Schlafzimmer der zweitbesten Ehefrau von allen. Und sie hat nicht geschrien.






Die zweitbeste Ehefrau von allen übrigens auch nicht.

Wie es dem auf dem Bild zu sehenden Untier weiter erging, nachdem sich mindestens die halbe Ladung einer Dose Insektenspray darüber ausgebreitet hat, ist unbelegt...



Donnerstag, 16. August 2018

Bilderrätsel - Update: Die Auflösung

In dieser Woche bin ich etwas im Stress. Eine Veranstaltung der zweitbesten Ehefrau von allen, welche teilweise in unserer Wohnhöhle stattfindet, bindet ein wenig meine Kapazitäten. Daher überbrücken wir die Zeit mit einem Bilderrätsel.


Na, was ist das?



Antwortvorschläge bitte in die Kommentare. Diese werden aus hoffentlich nachvollziehbaren Gründen verspätet freigeschaltet.

Zu gewinnen gibt es - öhm - nix. Außer viel Spaß an der Freud'.



Update: Die Auflösung

Es handelt sich tatsächlich um ein gekochtes und gepelltes Hühnerei. Ich dachte, mit der Rille könnte ich euch verwirren. Hat aber anscheinend nicht funktioniert, wenn ich mir die Kommentare so ansehe.

Zum Thema passend hätte ich da noch die Aufnahme von einem anderen Ei aus der gleichen Serie:


Definitiv vor dem ersten Reinbeißen aufgenommen






Montag, 13. August 2018

Ansichtssache

Im Intranet des Landesamtes für sozialen Ausgleich, allseits als LASA bekannt, stolperte ich über einen Eintrag. Der Herr Geschäftsführer hat angekündigt, daß das Verfahren zum Führungsfeedback im nächsten Jahr wieder aufgenommen wird. Über die Sinnhaftigkeit der Aktion bin ich mir nicht im Klaren. Da ist zu viel unbegleitete Psychologentheorie drin, welche sich nicht mit der Realität deckt. 

Eine Erinnerung an den letzten Durchgang vor einigen Jahren drängte wieder in mein Bewusstsein. Und die Erkenntnis, daß eine seinerzeit getroffene Vereinbarung bis heute noch nicht umgesetzt wurde.


***


Führungsfeedback. Die nahezu ganztägige Veranstaltung im LASA neigte sich dem Ende zu. Die Stimmung war tendentiell als gut zu bezeichnen; Zufriedenheit breitete sich aus. Gegenüber der Moderatorin wurde eine Gemeinschaftsveranstaltung angesprochen. Natürlich gab es da unsere traditionelle abendliche Nachweihnachtsfeier im Restaurant zum Kleinen Chinamann, denn irgendwie ist ja immer nach Weihnachten. Und die gelegentlichen Mittagspausen am gleichen Ort. Aber auch ein mögliches Treffen im Garten eines noch zu bestimmenden zu verpflichtenden gefreiwilligten Kollegen.

„Der Feuerrost von meinem Grill hat 52 cm Durchmesser, da passt das schon.“

Herr Harnischfeger gab seinem Bedürfnis nach Kumpanei wieder nach und zeigte sich der festen Überzeugung, den ganzen Fachbereich souverän mit Hilfe seiner heimischen Ausrüstung durchfüttern zu können.

Der Ökoklaus und ich schauten uns an.

„Herr Harnischfeger! Sie, der Ökoklaus und ich – und was essen die anderen?“

„Die essen nicht so viel.“

Frl. Hasenclever mischte sich ein.

„He, ich kann auch viel essen.“

„Klar, Frl. Hasenclever. So wie beim Chinesen.“

„Natürlich.“

„Nein. Hier geht es um richtiges Essen. Nicht so ein Pseudo-Essen wie Schalentiere, bei denen mehr Müll auf dem Teller liegt als alles andere.“

„Aber ich habe ganz oft nachgeholt.“

„Beim nächsten Mal mache ich Ihnen den Teller voll.“

„Außerdem will ich beim Grillen auch ein ordentliches Stück Fleisch auf dem Teller haben.“

„Würstchen sind kein Fleisch. Und Salat gilt auch nicht.“

„Ich will Steak. Und damit das klar ist: Alles unter 5 cm ist Carpaccio.“

Das ist doch mal Klartext.


***


Wir haben hier in der Region die Möglichkeit, eine solche Veranstaltung auch ohne die Notwendigkeit der Heimsuchung eines Kollegen durchzuführen. Allerdings wage ich zu behaupten, daß das Interesse daran nicht übertrieben ausgeprägt ist. Wäre sonst in den vergangenen Jahren dahingehend nicht irgend etwas  geschehen? 

Um die Nachweihnachtsfeier wird sich inzwischen ebenso wenig gekümmert wie um die monatlichen Spielenachmittage. Ich dränge mich da nicht mehr in den Vordergrund, sondern warte ab, bis der erste meckert, daß nichts mehr geschieht. Dabei ist die Grundstimmung in unserem Fachbereich an sich noch nicht mal schlecht.

Vielleicht erlaube ich mit den Spaß, diese Absprache beim nächsten Führungsfeedback in Erinnerung zu rufen. Einfach nur mal so. Aber bis Frl. Hasenclever wieder an der Reihe ist, werden wohl noch mindestens zwei Jahre vergehen.

Mal sehen, was bis dahin noch passiert.




Freitag, 10. August 2018

Es kommt eine harte Zeit

Die Bachelorette hat mich zwischenzeitlich über weitere Aspekte unserer gemeinsamen Zukunft aufgeklärt, die da lauten:

Sie liebt Weihnachten und Weihnachtsdekoration.

Weihnachten fängt im August an, sobald die ersten Vorboten in Form entsprechender Genussmittel in den Geschäften zu finden sind.

Es ist ihr unbegreiflich, wie man jetzt noch zu Hause einen Vorrat von verschiedenen Weihnachtssüßigkeiten aus dem nachweihnachtlichen Ausverkauf haben kann. Dies gilt insbesondere für meine Pakete mit Elisenlebkuchen.

Sie singt Weihnachtslieder mit, wenn sie im Radio laufen. Dies gilt auch für „Last Christmas.“ 

Sie liebt gleichfalls Karneval, die Höhner (muß was kölnisches sein, so wie die Black Fööss).

Und zu all dem sattelt sie Wolfgang Petry drauf.

Als netter Mensch habe ich sie bezüglich eventueller Helene Fischer-Vorlieben und Gesprächsrunden an Trudi verwiesen, konnte damit aber nicht punkten. Auch gut.

Anschließend habe ich sie mit den Sitten vor Ort vertraut gemacht. Meine Liste beinhaltete die verpflichtende Wahrnehmung des Sprich-wie-ein-Pirat-Tages, des Star Wars-Tages und des Handtuchtages, leitete über die die Erläuterung, daß 42 eine angemessene Antwort meinerseits auf all ihre Ansinnen darstelle und daß Blood Bowl nichts mit einem in einer Glasschüssel angerichtete Halloween-Getränk zu tun habe.

Ihre Augen verrieten ein gewisses Unverständnis, was ich meinerseits wieder nicht verstand.

Wir haben noch viel Zeit.



Donnerstag, 9. August 2018

Hier ist Ihr Schild

„Oh, jetzt ist ja auch ein Schild mit meinem Namen an der Bürotür. Das hatte ich noch nie. Ich mache gleich mal ein Foto und schicke es an meine Mama.“

Die lieben Kleinen. Man kann sie mit so einfachen Dingen glücklich machen. 

Ging mir aber auch so, als ich nach meiner Ausbildung zum ersten Mal einen Stempel mit meinem Namen erhalten habe.







Mittwoch, 8. August 2018

Das Wesentliche

„Sagen Sie mal, Herr Paterfelis, kennen Sie eigentlich den Herrn Müllerschön?“

„Nur vom Namen. Der ist erst in dem Ausbildungsbereich in Bad Husten eingesetzt worden, nachdem ich da schon lange weg war.“

„Mit dem müssten Sie sich eigentlich prima verstehen.“

„Warum?“

„Der ist genauso eine coole Socke wie Sie.“

Gute Bachelorette. Hat schon am zweiten Tag unter meiner Fittiche die wirklich wesentlichen Dinge erfasst.




Montag, 6. August 2018

Anspruch erfüllt

Die LASA-Hauptverwaltung ist in einem Hochhaus in Bad Husten untergebracht. Dieses Gebäude besteht aus mehreren Gebäudeteilen. Der Altbau ist mit einer Belüftungsanlage ausgestattet, der Neubau mit einer Klimaanlage. Sehr angenehm bei den vorherrschenden Temperaturen.

Die LASA-Außenstellen verfügen in der Regel weder über das eine noch über das andere. Ausnahmen sind die Gebäudeteile, in denen Kundenbesuch zu erwarten ist. Hier wurden in den Wartebereichen mobile Klimaanlagen nachgerüstet. In den Bereichen, welche nicht öffentlich zugänglich sind, gibt es nur die Alternative, die Fenster zu öffnen oder diese geschlossen zu halten.

Der Personalrat hat den Leiter der Verwaltungsabteilung aktuell an die Anregung des Arbeitsschutzgesetzes erinnert, dem Personal  den Arbeitskräften in den nicht klimatisierten Außenstellen aufgrund der hohen Raumtemperaturen, die mühelos die 30 Grad-Grenze überschreiten, kostenlos kühlende Getränke zur Verfügung zu stellen.

Man hat sich nicht lumpen lassen. Ganz wie erwartet.

Nach kurzer Überprüfung wurde festgestellt, daß das Leitungswasser in allen Außenstellen Trinkwasserqualität habe. Wir dürfen uns kostenlos daran bedienen.

Es wäre ja nur eine Geste gewesen. Und noch nicht mal eine kostenintensive. Um mehr ging es am Ende überhaupt nicht, denn tatsächlich hat jeder von uns einen ausreichenden Getränkevorrat. Eine simple Geste. Die von oben angeordnete gegenseitige Wertschätzung sieht aber irgendwie anders aus.




Sonntag, 5. August 2018

panta rhei

Von wegen „alles fließt“. Hier fließt gar nix außer Schweiß. Ansonsten ist Stillstand angesagt.

Die Nächte sind kurz und unerquicklich. Schlafen funktioniert nur noch in Etappen über 24 Stunden verteilt. Nicht, daß das hier irgendeine Katze weiter stört. Insbesondere die Möchtegernchefkatze Lilly steht weiterhin auf intensiven Körperkontakt im Bett und auf dem Sofa. Dieser kleine Glutofen. Die Katzen werfen im Moment ohnehin zusätzliche Haare ab, und an wem bleiben die dank schweißfeuchter Hautoberfläche kleben? Genau!

Unter Aufbietung der letzten Kräfte habe ich gerade die Spülmaschine ausgeräumt und etwas Wäsche vorbereitet. Meine ursprüngliche Planung, einen längeren Text für den Blog endlich zu Ende zu schreiben, habe ich erst mal an den Nagel gehängt. Die Hitze sorgt dafür, daß es auch in dieser Richtung gerade mal nicht fließt. Aber für die Zeilen, die ihr jetzt lesen könnt, hat es noch gereicht.

Für Montag und Dienstag sind hier 39 bzw. 41 Grad Außentemperatur angesagt. Das wird lustig, vor allem im Büro.

Nächsten Samstag haben die Schwiegereltern zum Chinamann eingeladen. Ich gehe jetzt schon kaputt, wenn ich an den überhitzten Raum mit dem offenen warmen Buffet denke. Vermutlich wird Schwiegermutter dort zumindest nicht frieren. Während eines Besuches vor nicht allzu langer Zeit gingen Schwiegervater, die zweitbeste Ehefrau von allen und ich bereits vor Hitze kaputt, während sie sich eine Strickjacke reichen ließ.

Was tröstet ist der Umstand, daß es beim Chinamann auch eine Truhe mit Speiseeis gibt. Die ist für mich reserviert, nur um das mal klarzustellen! Das Eis könnt ihr haben, es hat keine Eisdielen-Qualität, aber die Truhe nicht! Die ist mein. Wenn die weg ist, mutiere ich zum Gollum.






Und jetzt werde ich erst mal wieder die Verdunkelung der heimischen Wohnhöhle einleiten. Die Sonne hat uns ins Visier genommen.

Ich fließe dann mal zu den Fenstern. Wenn ihr nichts mehr von mir hört, bin ich verdunstet.



PS: Der Hauskater hat gemeckert, weil ich vor seiner Nase während er auf der Fensterbank saß das Rollo runtergelassen und somit den Katzenfernseher ausgeschaltet habe.

Pech für ihn.









Samstag, 4. August 2018

Nur eine Frage

Darf man eigentlich Paketzusteller, die innerhalb von drei Sekunden zwei Mal anhaltend klingeln, kaputt schlagen? Oder ihnen die rostige, benzinbetriebene Kettensäge mit extra langem Blatt mal näher zeigen?

Hatten wir gerade mehrfach.

Ich könnte meine Reaktion ja auf das Wetter schieben und bekäme deswegen bestimmt mildernde Umstände.




Freitag, 3. August 2018

Kurz gemeldet

Finalen Arzttermin wahrgenommen? 👍

Besuch beim Schwarzmarkt? 👍

Besuch beim Kolonialwarenhändler? 👍

Lebend zu Hause angekommen? 👍

Aus den Klamotten gepellt? 👍

Deckenventilatoren auf Maximum? 👍

Hölle weitgehend überstanden! 👍👍👍

Vorzeitiges Wochenende. 👅

Donnerstag, 2. August 2018

Fast überstanden

Die Querelen mit Herrn Harnischfeger neigen sich dem Ende zu. Endlich. In zwei Wochen ist seine Wiedereingliederung abgeschlossen. Für meine Begriffe ohne Erfolg, denn was er bislang täglich an Arbeitspensum schafft ist deutlich weniger, als man es auch nur von einer Halbzeitkraft erwarten kann. Von seinem persönlichen Verhalten mal ganz abgesehen. Aber wer fragt schon mich als denjenigen, der seine Wiedereingliederung begleitet? Eben! Ein künftiger Einsatz in unserem Fachbereich ist für mich zum jetzigen Stand und nach einigen Vorfällen indiskutabel. Punkt.

Doch wie die Fügung es will und ein rechtzeitiger Hinweis meinerseits an Frau Schubert auf bestehende Interessenlagen auch seinerseits, welche er vor einigen Jahren mal geäußert hatte, es begünstigten, wird er in wenigen Tagen in unseren Außendienst wechseln. Und das noch vor Ende seiner Wiedereingliederung, so daß die finale Entscheidung über Erfolg oder Misserfolg von den dortigen Kollegen getroffen werden muß. An sich sollte die Versetzung mit sofortiger Wirkung erfolgen, aber Frau Schubert verzögert dies aus nicht nachvollziehbaren Gründen. Also muß ich ihn noch ein paar Tage länger als nötig mit irgendwelchen Dingen beschäftigen, bei denen er keinen Schaden anrichten kann und sich trotzdem als Sachbearbeiter behandelt fühlt. 

Auch gut. Was danach folgt, ist nicht mehr mein Problem.

Heute wurde die Entscheidung allgemein bekannt gegeben. Herr Harnischfeger hat die Gelegenheit genutzt, alle Kollegen mit Kind und Kegel zu sich nach Hause zu einer Grillveranstaltung als Abschiedsfest einzuladen. Sehr gewagt. Das könnte ins Auge gehen. Um nicht zu sagen Das wird ins Auge gehen. Denn ich wage zu bezweifeln, daß die Interessenlage zu einer Teilnahme sehr ausgeprägt ist. Juckt mich aber auch nicht weiter, außerdem habe ich dann Urlaub. Und selbst wenn nicht – hingegangen wäre ich nach den hier nicht schilderbaren Ereignissen der letzten Wochen und Monate mit Sicherheit nicht.

Und sonst?

Meine Ex-Azubinette bin ich los, was nicht nur Frl. Hasenclever und mich maßlos ärgert. Sie wechselt in den Fachbereich Leistungsgewährung, rüber zu Nadjas Truppe. Gegen ihren Willen, aber man benötigt dort Personal und bekommt es, obwohl die Arbeitssituation dort gerade etwas spärlich ist. Uns mal gegebene personelle Zusagen – auch in anderem Zusammenhang – sind mal wieder Schnee von gestern und niemandem erinnerlich. Außer uns. Wir bekommen dafür eine Assistentin aus einer anderen Außenstelle, die erst mal für unsere Bedürfnisse flott gemacht werden muß. 

Frau Kuchenbäcker durfte/musste - je nach Gusto, ich sage das ganz wertfrei - Dienstag auch ihre einjährige Abwesenheit feiern. Die Stelle wird jetzt schon nachbesetzt. Nach einem Jahr Dauervertretung. Wir bekommen eine Bachelorette, die ich einarbeiten darf. Und das jetzt, nachdem ich an sich die Zeit benötige, meine durch Herrn Harnischfeger arg strapazierten Akteninhalte wieder auf Vordermann zu bringen.

Ich komme halt nie zur Ruhe, geschweige denn in eine gesittete Arbeitssituation.

Letzte Woche wurden die Assistenten unserer Außenstelle getrennt nach Fachbereich zusammengetrommelt und befragt, ob jemand vorhat, in den nächsten zwei Jahre schwanger zu werden, in Rente zu gehen oder zu kündigen. Für die Personalplanung. Denn wenn das jetzt nicht feststeht und trotzdem eine Stelle frei wird, bekommen wir in den nächsten zwei Jahren zwar Auszubildende zur Betreuung, aber keiner von denen wird bei uns bleiben, weil die dann schon anders verplant sind. Mit anderen Worten: Wird ab November, nach Abschluss der Personalplanung aus der Hauptverwaltung, bei uns auf der Ebene der Assistenten überraschend eine Stelle frei, darf diese zwei Jahre lang vertreten werden.

Ich melde an: noch 14 Jahre und neun Monate und der Rest von diesem. Nur, damit meine Nachfolge gesichert ist. Auch wenn von den aktuellen Kollegen erklärtermaßen keiner Bock hat, meinen Job zu übernehmen. Aus Gründen.

Countdown läuft.