Samstag war Spieletag. Ein Spieletag außer der Reihe. Die
zweitbeste Ehefrau von allen weilte für ein paar Tage zur Weiterbildung in
München. Das bedeutet nicht nur sturmfreie Bude und Strohwitwerstatus, sondern auch, daß Spiele auf
den Tisch kommen können, die eine gewisse Hinterlist erfordern und in denen man gezielt gegen Mitspieler agieren muß. Nichts für die
zweitbeste Ehefrau von allen. Es ging also zunächst in einen Karriereworkshop
und anschließend auf eine Reise nach Lateinamerika. Der Name der von mir
ausgesuchten Spiele sagt einiges aus: Mobbing: Reine Chefsache und Junta Las Cartas. Der
interessierte Leser möge Tante Gugl selbst dazu befragen, Rezensionen lassen sich finden. Ich kaufe niemals Spiele, ohne mich vorher durch einige Rezensionen gearbeitet zu haben.
Die anhaltende Hitzewelle hatte zwischenzeitlich auch den Weg
in den ansonsten relativ kühlen Metzelsaal gefunden. Und damit auch die
Schwüle. Ein Ventilator sowie ein elektrischer Raumentfeuchter arbeiteten auf
Hochtouren und kämpften zunächst auch relativ erfolgreich gegen die wetterbedingten Eckwerte an. Schließlich kam es aber doch zur Kapitulation, denn die zusätzliche Wärmelast von vier Menschenkörpern war dann doch zu viel des Guten. Immerhin passte die
Atmosphäre gut zum lateinamerikanischen Setting von Spiel No. 2. Man will
seinen Gästen ja was bieten.
Aber das Wesentliche des Tages: Wir haben es getan. Das Ding mit den Dosenravioli. Zum spätenzweiten
Frühstück. Die zweitbeste Ehefrau von allen hat uns auf elektronischem Weg
mitgeteilt, daß wir wohl einer gewisse Perversität anheim gefallen seien, zumindest aber wohl bekloppt wären. Was zweifellos zutrifft, ist es doch Grundvoraussetzungen dazu, im LASA zu arbeiten. Jedenfalls ging es uns wohl
besser als Frl. Hasenclever, die zur Geburtstagsfeier ihres Opas musste und von
der Köstlichkeit auf unseren Tellern nur das mitbekommen hat, was ihr hier auch
sehen könnt.
Ein Bild.
Gruppenbild mit Dame; Foto durch Sven mit seinem Smartphone gefertigt
Damals, vor dem großen Umzug. Mandy und ich saßen in unserem Büro und arbeiteten friedlich vor uns hin, als vom Flur aus Trudis Stimme hörbar wurde. Man verlangte nach Mandys Anwesenheit.
Mandy blickte kurz nach draußen. „Mach weiter, ich komme gleich.“
Oh!
Also...
Tja...
Ja, ja, es mußte jetzt einfach sein. Es mußte raus, sonst wäre ich geplatzt.
Die brütende Hitze hielt weiter an. Sie wurde zusätzlich
dadurch gesteigert, daß das kleine gemütliche Büro mit maximaler Personen- und
PC-Zahl besetzt war, welche ihrerseits auch Wärme abstrahlten. Die Ventilatoren
arbeiteten im Dauerbetrieb.
Nur beiläufig möchte ich in diesem Zusammenhang den Umstand
erwähnt wissen, daß ich mich durchaus mit einem einzelnen, von mir liebevoll R2-D2
genannten bestimmt schon 25 Jahre alten Towerventilator begnüge, während in Frl. Hasenclevers Kemenate gleich
drei Miefquirle in unterschiedlichen Höhen stehen und ihr Werk verrichten. Und sollte über den Flur diesseits von Indien das
Geräusch eines startenden Propellerflugzeuges vernehmbar werden, so handelt es
sich dabei vermutlich um die Leihgabe der zweitbesten Ehefrau von allen an
Frl. Hasenclever: ein durchaus beachtlicher Bodenventilator. Der kann schon zu
Effekten führen.
Wir befanden uns in jenem Zeitrahmen, in welchem es uns zugebilligt wurde, eine
Mittagspause einzulegen. Wie meistens beschloss ich, doch lieber
durchzuschlafen, als Raissa von ihrem üblichen Gang nach draußen zur elterlichen Futterstation zurückkam.
Und sie hatte etwas in der Hand.
Eine einfache Kühltaschetüte, wie man sie in Discountern und
Supermärkten erstehen konnte, um die ganzen ungeplanten kühlpflichtigen
Einkäufe vermeintlich unbeschadet einen Ortswechsel vornehmen lassen zu können. Die Szenerie
erschien mir äußerst reizvoll und weckte daher meine Aufmerksamkeit.
„Normal oder Mandel?“
Yeah! Das wollte ich hören.
„Mandel!“
Was mit Nüssen geht immer.
(Ja, ich weiß. Mandeln sind keine Nüsse. Ist mir jetzt aber vollkommen egal.)
Raissa hatte Eis am Stiel gekauft. Für den kompletten
Fachbereich. So zog sie, nachdem meine Versorgung gesichert war, weiter über die Etage und brachte ihre Mitbringsel an den Mann die arbeitende Bevölkerung. Es zeigte sich jedoch das übliche Problem. Denn solchartige Einkäufe werden nicht dergestalt getätigt, daß abgezählte Einzelportionen
beschafft werden, sondern eher Multipacks. Und die neigen dazu, einen nicht
exakt auf die Zahl der Anwesenden abgestimmten Inhalt zu umschließen.
Mit anderen Worten: Es gab Reste. Und keinen Kühlschrank mit
tauglichem Eisfach. Höchste Gefahr war im Verzug!
„Paterfelis, was würdest du zu einem Eis sagen?“
"Ich würde gar nichts zu einem Eis sagen, ich würde es einfach essen."
Was soll man machen? Es kann ja nicht angehen, daß das gute
Zeug schmilzt und nur noch als Milchshake aus der Tüte Verwendung finden kann.
Also noch ein Eis.
„Ähm, Paterfelis?“
Upps. Jetzt könnte es unangenehm werden.
„Ja?“
„Eis?“
Raissa strahlte mich an.
Nur ein Einhorn kann verführerischer und unschuldiger gucken. Echt ehrlich.
Der hier erfahrene Blogleser dürfte sich unter Umständen
daran zu erinnern vermögen, daß ich zwar durchaus kein Kostverächter bin, mir
aber Süßkram sehr im Magen liegt. Ich könnte mit einer Tortendiät abnehmen. Ein Standardstück Torte, und ich bin für den Rest des Tages weitgehend ausgeschaltet. Bei Eis ist das
auch nicht anders.
„Nö, muß nicht.“
„Es ist nur noch eins da. Das muß weg.“
„Frag‘ Ludwig. Oder Sven. Den Ökoklaus wegen meiner auch.“
„Die haben auch schon zwei. Das kannst du doch nicht
auf dir sitzen lassen.“
Ach so, sie will mich am Ehrgeiz packen. Biest. Na gut, dann
opfere ich mich eben in vollkommener Selbstlosigkeit und Hingabe an die gute
Sache.
„Her damit. Es kann ja nicht sein, daß die einfach gleich
ziehen.“
Und vor allen Dingen kann ja nicht angehen, daß der Ökoklaus mir noch Jahre später erzählt, er habe damals vor dem großen Knüppelkrieg mal mehr Eis als ich... Also noch ein drittes Eis.
Mit einem Magen, der sich anfühlte, als hätte ich alleine
ein Chinamann-Buffet abgeräumt, wusste ich mich dennoch an eine Begebenheit zu
erinnern. Eine ganz bestimmte. War ja auch noch nicht so lange her.
Also flugs noch eine Bildnachricht an die Zweitbeste Ehefrau
von allen. Was die kann, kann ich auch. Und auch noch meinen Namen in den Schnee pinkeln..
Meine Zahl des Tages ist die 56.712. Soviel Geld in Euro schuldet
uns einer meiner Kunden, mit dem ich deswegen schon seit Jahren im Clinch
liege. Und es wird immer mehr.
Zwischenzeitlich habe ich die Weisung bekommen, zur
Optimierung irgendwelcher Statistiken dafür Sorge zu tragen, daß wir von dieser
Forderung herunterkommen. Oder um es mit anderen Worten zu sagen: daß wir
darauf verzichten. Finde ich ziemlich
abartig, denn wir haben sogar Arbeitslosengeld II-Empfänger, die ihre
Rückstände bei uns in monatlichen Miniraten abstottern und dies auch schaffen.
Der Anständige ist eben der Dumme.
Um die Sache rechtlich haltbar zu machen, musste ich eine
bestimmte Situation herbeiführen, was mir dann auch soweit gelungen ist. Jetzt
benötige ich nur noch ein von unserem Kunden ausgefülltes Formular zurück.
Ein simples Formular. Eine einfache Frage mit der Möglichkeit anzukreuzen, ob man einverstanden ist oder nicht.
Ja oder Nein. Kein Vielleicht.
Aber ich bekomme es nicht.
Ich habe sogar höchstpersönlich bei dem Typen angerufen und
ihm erklärt, daß er seine Schulden bei uns loswerden könnte, wenn er mir dieses
Drecksformular ausfüllt. Ohne Nachteile für ihn.
Es tut sich nichts.
Ohne dieses Formular gibt es keine Schuldenbefreiung. Ganz
einfach.
Hat vielleicht hier eventuell jemand Interesse daran, 56.712
Euro geschenkt zu bekommen?
Raissa, Trudi und ich arbeiteten brüteten vor Hitze
in unserem kleinen gemütlichen Büro, welches nicht umsonst als Höhle im
Schicksalsberg bezeichnet wird, vor uns hin, als mich eine Nachricht der
zweitbesten Ehefrau von allen erreichte.
Ich nahm das Nachrichten-aller-Art-Empfangsgerät in die Hand
und warf einen Blick drauf. Oh, ein Foto. Sie hatte sich etwas auf dem Rückweg
vom Physiotherapeuten gegönnt Dem Vernehmen nach geschieht dies immer, wenn sie einen Parkplatz in der Nähe des ganz bestimmten zur feilgebotenen Ware zugehörigen Ladenlokales findet. Muß sie anlässlich des Besuches beim Physiotherapeuten woanders parken, verkneift die zweitbeste Ehefrau von allen sich den Erwerb. Ein reiner psychologischer Trick, der nichts mit Lauffaulheit zu tun hat.
Es war ganz offenkundig, wo sie dieses Mal einen Parkplatz gefunden hatte. Denn das Bild war in seinem Ergebnis eindeutig.
Na toll, das ist genau das, was ich bei Innenraumtemperaturen
um 27 Grad sehen will. Aber in natura vor mir stehend und alleine für mich
bestimmt!
PS: Die in Frage kommende Eisdiele hat aber auch geniale Sorten.
Unter anderem Zartbitter-Schokoladeneis. Alternativ auch mal einfach die Sorte Dunkle Schokolade. Da könnte ich mich reinlegen.
PPS: Das Wort Nachhaltig auf dem Becher beschreibt letztendlich zwei Tatbestände. Zunächst das anhaltende Wachstum des Hüftspecks aufgrund des Verzehrs des vorgesehenen Inhaltes. Dann aber ebenfalls die biologische Abbaubarkeit des geleerten Bechers. Auch nicht verkehrt.
Frl. Hasenclever zeigte sich verschnupft. Nicht im
übertragenen Sinne, sondern eher tatsächlich. Dazu gab es auch noch einen
Husten im Angebot. Und da Führungskräfte des Hauses nach der üblichen Doktrin
nicht krank zu sein haben, es sei denn, sie stehen bereits mit anderthalb
Beinen im Grab, während die verbliebene letzte Beinhälfte schon einem fortgeschritteneren Zustand der Verwesung
unterliegt, erschien sie natürlich im Büro. Genauso wie Frau Schubert, welche
vergleichbare Symptome offenbarte. Also jetzt nicht ein halbes verwesendes
Bein. Die anderen.
Im Rahmen einiger Treffen schien Frl. Hasenclever mit mir
Körperflüssigkeiten ausgetauscht, diese zumindest aber einseitig in meine
Richtung auf den Weg gebracht zu haben. Scheint nicht so toll gewesen zu sein,
denn dann könnte ich mich wohl etwas konkreter daran erinnern. Jedenfalls
zeigte sich bei mir ein eindeutiges Ergebnis. Schwanger. Husten, gefolgt
von einem leichten Laufen der Nase. Und das gegen Ende der Genesungsphase nach
der Lungenentzündung. Ich bin restlos begeistert.
Ein paar Tage schleppte ich mich durch, bis ich mich doch
dazu entschloss, daß zwei Tage Ruhe zu Hause vielleicht doch nicht das
Allerverkehrteste sein könnten. Tja. Muß die Altersweisheit sein. Schließlich
stehe ich mittlerweile auch im sechsten Lebensjahrzehnt. Das muß ja
irgendwelche Vorteile haben.
Nachdem ich meine Erkenntnis nächtens entsprechend erlangt
und akzeptiert hatte, stand ich um 2.36 Uhr auf, um gewisse dringliche
Verrichtungen vorzunehmen. Die zweitbeste Ehefrau von allen werkelte noch im
Wohnzimmer an ihrem Laptop. Um morgendlichen Irritationen vorzubeugen erklärte
ich ihr, daß ich mich für die nächsten zwei Tage aus dem Bürodienst
zurückziehen werde.
„Gute Idee!“
Die zugehörige Stimmlage vermag ich hier und jetzt nicht in
Worte zu fassen. Ich verschwand wieder in mein Bett.
Meine ersten Versuche, die Kernaussage meiner Erkenntnis ab
6.45 Uhr fernmündlich an den Mann respektive die Frau zu bringen, scheiterten. Dies
war insofern wenig überraschend, als daß Frl. Hasenclever nicht so beständig zu
eher festen Uhrzeiten im Büro erscheint, sondern den morgendlichen
Gleitzeitrahmen durchaus unterschiedlich auszureizen pflegte.
Nach meinem vierten vergeblichen Kontaktversuch schickte ich
per Messenger Dienst eine Nachricht an Sven, welcher in der Vorhersehbarkeit
seiner Ankunftszeiten eher so ein beständiger Typ ist wie ich.
„Moin. Treibt sich die Fachbereichsleitung irgendwo herum
oder ist sie noch nicht da?“
Nach einiger Zeit erreichte mich die Antwort.
„Jetzt ist sie da und in ihrem Büro.“
Noch während ich die Rufnummer zwecks fernmündlicher Kontaktaufnahme
über das Festnetz in das Sprechgerät eintippte, meldete das Smartphone einen
weiteren Nachrichteneingang. Frl. Hasenclever!
„Ich bin jetzt da. Geht es Ihnen gut?“
Die fernmündliche Verbindung kam Augenblicke später zu
Stande. Ich wartete ab, bis Frl. Hasenclever ihre Grußformel runtergebet hatte,
und krächzte los.
„Natürlich geht es mir
nicht gut, sonst wäre ich ja auch da.“
„Oh, das tut mir Leid. Sie hören sich übrigens an wie
Heintje im Stimmbruch.“
Aas!
PS: Und für all jene, die nicht die schwere Kindheit hatten wie ich und vor gewissem Unbill verschont geblieben sind, hier eine Bildtonaufnahme des munteren Sangesburschen.
Sofern jemand einen langhaarigen Bombenleger auf Beschäftigungssuche kennt...
Ja, die Beiträge hier sind gerade etwas wenig umfangreich bemessen. Sehe ich auch so. Aber für die Langversion sind die aktuellen Ereignisse gerade aus verschiedenen Gründen nicht tauglich bzw. die (andere) Geschichte ist noch nicht soweit, daß sie zu Ende erzählt werden kann.
Vielleicht sollte ich mal etwas im unveröffentlichten Archiv kramen und gucken, was sich da noch findet. Etwas Sonnenlicht kann den auf Reserve liegenden Geschichten ja auch nicht schaden, oder?
Das Ableben der Elterngeneration hat begonnen. Meine Tante, die Schwester meiner Mutter. Am Freitag. Es besteht kein Zusammenhang zum vorherigen Blogeintrag. Es war nur die Gelegenheit, Informationen auszutauschen, aus dem sich wieder was ergeben hat.
Das Ganze war eher überraschend, man hatte als ersten Kandidaten eine andere Tante, die getrennt lebende Ehefrau des Bruders meiner Mutter auf dem Schirm.Hier wird es auch nicht mehr lange dauern.
Den letzten Kontakt zu den Angehörigen der erweiterten Familie hatte ich im Jahr 2000 oder 2001. So genau lässt es sich nicht mehr eingrenzen.
Ich bin kein Familienmensch, so daß es mir tatsächlich nicht nahe geht. Dennoch gibt es zu denken.
Wenn es am gegenseitigen Verständnis zweier Familien schon
mangelt, wie soll das dann erst im Großen funktionieren? Was geht mir das alles
auf den Sack…
Also Flucht in die Ablenkung. Mit Jim Knopf und Lukas dem Lokomotivführer. Von der Augsburger Puppenkiste. So alte Kindersendung mag ich hin und wieder ganz gerne. Gute alte Zeit.
Frl. Hasenclever befand sich noch in ihrem wohlverdienten
Urlaub. Ich prüfte die für sie vorgesehenen Akten und fand einen Fehler. Einen
verzeihlichen Fehler, was die Entstehungsgeschichte angeht, doch ein Fehler mit Auswirkungen. Tatsächlich hatte ich die diesbezügliche Änderung unserer
Dienstanweisung zufällig in der Woche zuvor bemerkt, als ich auf der Suche nach
einer ganz anderen Information war. Es ist wirklich ärgerlich, wenn sich
Änderungen einschleichen, ohne daß man darauf hingewiesen wird. Unsere
rechtliche Dienstanweisung umfasstin
gedruckter Form eine durchaus respektable vierstellige Seitenzahl. Das kann man nicht ohne
explizite Hinweise auf Neuerungen im Blick haben.
Diese Änderungen werden im Regelfall auch als solche
gekennzeichnet. Hin und wieder wird dies aber vergessen. Und Streichungen
einzelner Sätze, Absätze oder ganzer Passagen werden grundsätzlich nicht
bekannt gegeben, vermutlich da sich diese so schlecht markieren lassen. Da muß die aufmerksame Arbeitskraft dann
schon von selbst drauf kommen. Es gäbe da zwar aus meiner Sicht durchaus geeignete Lösungsmöglichkeiten,
aber so richtig praktikabel ist man bei uns im LASA ja bekanntlich nicht. Zumindest
nicht in unserer Hauptverwaltung. Und wenn dann noch die Dachorganisation die
Finger im Spiel hat… ach, vergessen wir es. Ich könnte und würde auch gerne Dinge erzählen, aber
das würde dazu führen, daß sich mein tatsächlicher Arbeitgeber doch zu sehr
eingrenzen lässt.
Wie dem auch sei, machte ich mich mit der Akte auf den Weg
zu Rebecca, um mit ihr Rücksprache zu halten. Diese war gerade am Telefonieren,
so daß ich einen Blick ins Nachbarzimmer
warf. Es kam die übliche Reaktion, die mich an sich immer erwartet, wenn ich
mal den Gang hinunter wandere:
„Ach, Paterfelis, wenn du schon mal da bist…“
So begutachtete ich den einen oder anderen Vorgang, gab
meine Empfehlung ab oder nahm eine Akte zur Unterschrift gleich an mich. Dann
meldete sich Herr Harnischfeger zu Wort:
„Ich habe schon lange nicht mehr den Chinesen von innen
gesehen.“
Ich hoffe, er meint das nicht wörtlich. Oder besser doch, sonst würde ich mir tatsächlich Sorgen machen. Aber der geneigte Leser dürfte wissen, was gemeint ist: Eine Heimsuchung des Mittagsbuffets im Restaurant Zum kleinen Chinamann. Also haben wir es mit einer klaren Aufforderungsaussage zu tun.
„Dann suchen sie mal
im Internet, da finden sie bestimmt auch ein entsprechendes Foto.“
Ziemlich eindeutige Ansage zurück.
Während Helga ihren Kaffee fast auf den Bildschirm spuckte
grinste Sven nur vor sich hin und fasste zusammen:
„Da hast du wohl gerade eine Abfuhr bekommen.“
Jau, hat er. Als Soziophobiker fällt es mir tatsächlich sehr schwer, bewusst unfreundlich zu einem meiner Mitmenschen zu sein. Das hier war für meine Verhältnisse schon deftig.
Der Typ macht mich einfach nur noch irre, egal ob er was dafür kann oder nicht.
PS: Aus aktuellen Anlass kann ich verkünden, daß der Mann noch steigerungsfähig ist. Die Angelegenheit eskaliert gerade gnadenlos, Grenzen wurden überschritten. Ich bin allerdings zuversichtlich, daß seine Manipulationsversuche zwischenzeitlich niemanden mehr erreichen. Mehr ist dazu an dieser Stelle aufgrund einiger vermutlich hier mitlesender Kollegen nicht zu sagen.
Sie hatte im Mai 1958 Geburtstag. Und der denkwürdige Tag ist nicht an mir
vorbeigegangen. In der Tagespresse wurde dem historischen Ereignis gehuldigt.
Selbst ich zeigte mich angetan, hatte aber bislang noch keine Zeit, hier an
dieser Stelle auf das Ereignis näher einzugehen.
Es war einer dieser üblichen Tage im LASA. Larissa und ich arbeiteten so vor uns hin, als Sven mal wieder den Raum betrat, um sich um temporäre Umverteilung aller anfallenden Arbeiten auf alle Anwesenden für die vorübergehend abwesende Trudi zu kümmern. Anderen Ortes nennt man so etwas "die Vertretung organisieren", aber das Wort "Vertretung" hat nach Ansicht des Herrn Abteilungsleiters so einen negativen Beigeschmack. Also haben wir uns schon vor Jahren um eine Alternativbezeichnung gekümmert.
Abgelenkt von Svens Rumoren kam ich auf eher wichtige Gedanken.
„Sag mal, Raissa, was für eine Beziehung hast du zu Ravioli
aus der Dose?“
„Die sind lecker.“
Sven mischte sich von der Seite ein.
„Aber nur die mit Fleischsauce.“
„Mögt ihr die auch
kalt?“
„Klar, direkt aus der Dose. Das ist wie kalte Pizzareste am
Morgen.“
Raissa zeigte guten Geschmack. Es ist immer ein Problem, sie
zu Gast zu haben, wenn man auch eine Mahlzeit auf den Tisch bringen will. Sie
isst zwar gut und gerne, ist aber in der Auswahl dessen, was sie zu sich nimmt,
etwas eingeschränkt. Einerseits wegen einiger Unverträglichkeiten, andererseits
aus geschmacklichen Gründen. Sie wurde zwischenzeitlich in unsere außerdienstliche
Spielerunde aufgenommen, mag aber keine Mettbrötchen. Also eher nicht das Mett, welches sich auf den Brötchen befindet. Und die Gebirgen von rohen Zwiebeln, die einfach dazu gehören. Ein Umstand, der mir und den restlichen Teilnehmern der Runde regelmäßig
Sorgenfalten auf die Stirn zaubert.
„Dann müssen wir ja
noch klären, was Ludwig und Frl. Hasenclever dazu sagen.“
Eine kurze Nachfrage ergab ein klares Ergebnis.
„Bin dabei.“
Ludwig halt. So lange es sich nicht um Sojasprossen handelt,
vernichtet der alles, was Kalorien enthält.
Anruf bei Frl. Hasenclever. Ravioli? Dose? Kalt? Zum
Frühstück?
„Kalt muß nicht unbedingt sein, aber ansonsten passt das.“
Dann weiß ich ja, was demnächst zur allgemeinen Erbauung auf
dem Tisch landet. Aber erhitzt, da bin ich nicht so. Kalt werden die wieder von
alleine. Nur die Begeisterung der zweitbesten Ehefrau von allen wird eher
minderstark ausgeprägt sein. Aber vielleicht mache ich das auch an einem Termin, an dem sie wieder irgendwo an einem Workshop teilnimmt.
Wir gratulieren der Dosenravioli nachträglich auch nochmal
an dieser Stelle zum Sechzigsten.
Nein, keine Werbung. Bei dieser Marke handelt es um den Hersteller der Ur-Dosenravioli.