Mittwoch, 28. November 2018

Irgendwie schon

Die Angehörigen der Katzenbande sind was die Interaktion untereinander angeht schon etwas eigen. Lilly will zumeist vor Marty ihre Ruhe haben, welcher aber doch recht oft in ihrer Nähe herumtigertkatzt. Sie zeigt ihm ihre Überzeugung, nämlich jene, daß sie auf seine Anwesenheit gerade so überhaupt keine Lust hat, mit durchaus schlagenden Argumenten. Dabei ist es nicht so, daß der Kater in der Lage ist, sich das lange zu merken. Vielmehr ignoriert er die Schläge einfach.

Smilla will mit Lilly und auch mit Marty eher weniger zu tun haben. Sie hält Abstand von beiden, insbesondere dann, wenn es etwas wilder zugeht. Sie flieht ja schon, wenn ihr einer ihrer Artgenossen ohne Hintergedanken zu nahe kommt. Wir können hier also bei der Definition von Wildheit durchaus die unterste Stufe von einer mit Bewegung verbundenen Aktion anlegen.

In seltenen Momenten versuchen alle drei – jeweils zu unterschiedlichen Zeitpunkten – ihre Kollegen zu animieren, Nachlaufen zu spielen. Dummerweise geschieht dies meistens zu  Zeiten, in denen die jeweils beiden anderen der Ansicht sind, daß es gerade sinnvoller sei, ein Nickerchen zu machen. Nur gelegentlich lässt sich ein Erfolg in der Sache erkennen, an dem sogar Smilla in Abweichung ihrer oben erwähnten Grundsätze beteiligt sein kann. Das sind die Momente, in denen sie ihre katzentypischen tollen fünf Minuten hat. Aber das zweibeinige Personal wird mit Sicherheit nicht hinterherrennen, soviel ist sicher.

Wenn aber ein Angehöriger der Katzenbande mal versehentlich im Schlafzimmer eingeschlossen sein sollte, dann wird unabhängig von allen Uhrzeiten und sonstigen Begleiterscheinungen des Alltags Alarm geschlagen, bis das Personal erscheint, um die Tür zu öffnen und den Gefangenen in die relative Freiheit zu entlassen. Man maunzt, kratzt an der Tür und belagert diese derart auffällig, daß man gar nicht anders kann als auf die Situation aufmerksam zu werden.

Böse Zungen würden jetzt behaupten, daß da jemand einfach nur sensationsgeil sei. Die zweitbeste Ehefrau von allen und ich sind aber der Ansicht, daß die drei Haustiger sich irgendwie ja doch etwas mehr zu mögen scheinen. So ganz tief in ihrem Inneren wenigstens.

Kinder, ihr könnte das ruhig offen zugeben. Es wäre nicht schlimm.

Wirklich nicht.



Freitag, 23. November 2018

So Tage eben

Das Leben nimmt Wendungen. Die besonderen Jahrestage werden, so sie denn begangen werden, anders begangen als damals. Damals, das ist die Kurzform von „die gute alte Zeit“. Nicht, daß ich jemals besonders feierfreudig gewesen wäre. Da bin ich familiär nicht drauf geprägt worden. Aber so einige Details stelle ich mir an besonderen Tagen schon etwas anders vor.

Meinen fünfzigsten Geburtstag habe ich bekanntlich ganztägig im Bett verbracht. Mit der aufkeimenden Lungenentzündung. Prima. Nun ist Hochzeitstag. Was macht das miteinander verbundene Paar? Man geht gemeinsam zur Physiotherapie. Mein Rücken bringt mich schon wieder um. Ich verschwinde im linken Zimmer, die zweitbeste Ehefrau im rechten Zimmer der kleinen Praxis. Ja, ich bin schon so ein kleiner Romantiker.

Anschließend weiter. Wocheneinkauf. Zur Feier des Tages gibt es Mittagsfrühstück beim Türken im noch neuen örtlichen Einkaufszentrum. Schnellimbiss. Viel zu teuer. Ein neuer Gebäudeteil wird just an jenem Tage eingeweiht. Die B-Prominenz hat einen Auftritt. In unmittelbarer Nähe. Musik dröhnt durch die Gänge. An sich eine gute Auswahl, aber technisch schlecht umgesetzt. Die hat noch nichts mit dem angekündigten Auftritt zu tun.

Ohne Schminke sieht der B-Promi-Typ jetzt auch schon ziemlich abgehalftert aus. Die zweitbeste Ehefrau von allen und ich mögen ihn beide nicht. Früher habe ich mal ganz gerne gesehen, aber ich hatte mal beruflich mit ihm zu tun. Seit dem weiß ich, daß der Typ ein Arschloch ist. Zumindest aus meiner Perspektive. Das muß nicht am Promi-Status liegen. Es gibt auch freundliche, bodenständig gebliebene Promis. Rebecca und ich hatten da auch mal jemanden am Wickel, auch sehr bekannt aus Funk und Fernsehen. Der war am Telefon trotz drohenden Ungemachs von uns wirklich freundlich. Geht doch.

Aber nicht bei dem Typen, der jetzt gleich seinen Auftritt haben wird. Nix wie weg.
Im Laden selbst führt unser letzter Weg an das Getränkeregal. Das von der zweitbesten Ehefrau von allen bevorzugte Getränk ist hier in der Gegend relativ schwierig zu bekommen, da meistens zügig ausverkauft. Also bunkern wir, was da ist. Jede Flasche einzeln. Man wünscht sich im Laden ein hübsches Regal, weswegen der Ladenbetreiber das Personal angewiesen hat, die Flaschen immer aus dem Sixpack rauszuholen.

Es ist sehr nervend, mehr als 20 einzelne Flaschen einzeln handhaben zu müssen. Doch was sehe ich da: zwei Sixpacks. Das Personal wird nachlässig. Und das an diesem besonderen Tag. Wie wir uns erinnern, wird gerade ein weiterer Gebäudeteil feierlich eröffnet. Skandalös. Trotzdem Danke. Auch im Namen der Kassiererin, die es damit auch etwa einfacher hat, die Flaschen zu zählen.

Nach Räumung des Kaeffzetts von unseren Einkäufen fahre ich allein weiter zur Spasskasse. Die zweitbeste Ehefrau von allen leidet, hat ihr Physiotherapeut doch heute scheinbar den richtigen Nerv gefunden. Oder so in der Art. Der Banker Spasskassenmensch ist neu in der Filiale. Eigentlich ist hier jeder immer wieder neu, seit wir hier wohnen und von dieser Filiale betreut werden. Das Personal wechselt ziemlich zügig und wird dabei auch immer weniger. Die Räume bieten Platz für fünf gleichzeitig arbeitende Spasskassenmenschen. Mehr als vier haben wir hier noch nicht gesehen, aktuell sind es regelmäßig nur zwei. Der Spasskassenmschen erklärt mir, daß zur Erfüllung meines Ansinnens auch die zweitbeste Ehefrau von allen anwesend sein müsse. Nun denn, da hinter der Angelegenheit ein Termin steht, fahre ich zurück und schleppe meine leidende Angetraute an den Schreibtisch des Spasskassenmenschen, um die Dinge zu erledigen. Wie man das an Hochzeitstagen eben so macht.

Abends kümmere ich mich um das Essen. Drei Stunden in der Küche herumwerkeln. Das Ergebnis: mäßig. Wie sagte die zweitbeste Ehefrau von allen: „Da sind zu viele scharfe Komponenten drin.“ Habe ich auch gemerkt. Ich bin frustriert. Doofes Rezept. Die wesentlichen Bestandteile des Essens sind aber zu retten. Am nächsten Tag wird es Reste aus der gesamten Woche zu essen geben. Auch gut.

Wenigstens lässt es sich heute gut an. Grünzeug umtopfen, Kühlschrank neu sortieren, Mispeln zurückschneiden, Laub fegen. Mit ohne Laubbläser. Ganz klassisch mit dem Rechen grob über den Kies des Steingartens. Macht auch genug Lärm. Das Wetter ist angenehm spätherbstlich kühl und trocken. Lilly und Marty schauen mir aus dem Fenster des Metzelsaals interessiert beim Schuften zu. Alles wird schön windgeschützt zu einem Haufen aufgetürmt, damit sich dort eventuelles Kleingetier über den Winter einnisten kann. Ich setze auf Igel. Hier laufen einige herum. Und niemand hat mich draußen angequatscht. Auch nicht die neue Nachbarin. Die kennt nicht mal die Worte für die jeweilige Tageszeit. Keine Ahnung, warum. Egal.

Ein guter Start in einen Urlaubstag. So mag ich das.




Mittwoch, 21. November 2018

Geburtstagsnachwehen

Irgendwann hatte ich es geschafft, den mir mal wieder aufgedrängten Urlaub zu überstehen. Der Zeitpunkt ihn zu nehmen war nicht günstig. Aber, soviel muß ich einräumen, es gibt einfach keine günstigen Zeitpunkte für Urlaub. Nicht bei mir und der mir zugedachten Arbeit.  Es ist allerdings eine Art Naturgesetz, eine mathematische Konstante in meinem Leben, daß nach dem Ende eines Urlaubes wieder ein erster Arbeitstag folgt.

Also betrat ich früh am Morgen als erster das kleine gemütliche Büro in Neustadt. Das Licht auf dem Flur brannte. Es brennt eigentlich immer, wenn ich morgens komme, obwohl ansonsten noch keiner der Kollegen die Etage betreten hat. Der Hausmeister erscheint zeitgleich mit mir, erscheint aber unserer Etage nur auf persönliche Anforderung. Die Putzfrauen verrichten ihre Tätigkeit abends, auch wenn ich mitunter meine Zweifel ob deren tatsächlicher Existenz habe. Eventuell lässt der Wachdienst bei seiner Runde die Lampen leuchten – wer weiß das schon... Ich werde es nie erfahren, denn wenn der Wachdienst seine letzte Runde dreht, ist mir das Betreten des Gebäudes noch verwehrt. Die Zutrittsberechtigung für das normal sterbliche Personal beginnt erst 45 Minuten vor dem frühesten Zeitpunkt, der als Arbeitszeit gewertet wird. Mit diesem weiteren Rätsel der Menschheitsgeschichte vermag ich aller Wahrscheinlichkeit nach gut leben zu können.

Wo war ich stehengeblieben? Ach ja, ich betrat also den Flur, auf dem Rücken meinen Rucksack tragend. Hin und wieder genügen die Taschen einer Männerjacke eben nicht dem Transport der notwendigen Dinge, so daß ich das lästige Teil mitnehmen muß. In einer Hand hielt ich, jeweils um 90 Grad verdreht, zwei Stapel mit eingegangener Post von mir und für Frl. Hasenclever, welche ich aus dem Postbüro mitgenommen hatte. Aus der zweiten Lagerstelle für eingegangene Arbeit, eben jene auf unserer Etage, nahm ich einen ordentlichen Stapel Akten und loses Papier (Voll retro, ich weiß. Aber das ist gut so!), den man mir bereitgelegt hatte. Mein erster Tag begann damit, dass ich direkt Vertretung für Frl. Hasenclever machen durfte, welche man ebenfalls in den Urlaub gedrängt hatte, so daß das mir anheimfallende Arbeitsvolumen einen leichten Aufwärtstrend erfuhr.

So bepackt betrat ich die Höhle im Schicksalsberg, welche ihrerseits im Dunklen lag, nahm meinen Schreibtisch wahr, warf allen Ballast erst mal darauf ab, entledigte mich meiner Jacke und schaltete danach das Licht an. Schließlich konnte ich unter der Decke über Raissas Schreibtisch eine Geburtstagsgirlande entdecken. Ich hasse es, mit Leuten in einem Büro zu sitzen, wenn diese Geburtstag haben. Es herrscht eine permanente Unruhe, weil ständig irgendjemand meint, dem Geburtstagskind ein sinn- und inhaltsloses Gespräch aufdrängen zu wollen. Damit kann ich nichts anfangen, weswegen ich mich auch in einem ständigen Kampf damit befinde, mein genaues Geburtsdatum nicht in der Allgemeinheit zugänglich zu machen und jenen die es wissen zu verdeutlichen, dass es sich dabei durchaus um ein schützenswertes Staatsgeheimnis Nr. 1b handelt, dessen Verwendung und Weiterverbreitung ich in Verbindung Androhung schlimmster Qualen bei Nichtbeachtung meines Ansinnens untersage.

Eine schnelle Musterung Raissas Schreibtisch meinerseits ergab, daß dieser die übliche geschäftsmäßige Strukturierung zeigte. Keine Luftschlangen, kein aus  einer Vielzahl von Lochern herausgeholtes und anschließend verteiltes Konfetti, nichts. Ein klares Indiz dafür, daß das Ereignis wohl schon in der letzten Woche stattgefunden hatte. Immerhin.

Als Raissa an ihrem Arbeitsplatz erschien, drückte ich mir notgedrungen den gesellschaftlich erwarteten nachträglichen Glückwunsch raus, womit sich meine Beteiligung an der Angelegenheit nunmehr für meine Begriffe auch erledigt hatte. Jetzt muss ich nur noch die entsprechenden Tage von Trudi und der Bacheloretten überstehen, dann ist wieder Ruhe für diese Runde. Geburtstage, welche außerhalb meines Büros begangen werden, ignoriere ich im Regelfall.

Raissa und ich haben eine nahezu unheimlich übereinstimmende Linie, was den Begriff der Ordnung angeht. Dies betrifft sowohl die Aktenführung, was ich bei einem Menschen in ihrem noch nahezu jugendlichen Alter noch nicht erlebt habe, ja noch nicht mal bei altgedienten Kollegen, als auch bei den Dingen rund um den Schreibtisch. Mit anderen Worten: Raissa begann unmittelbar damit, die Girlande unter der Decke entfernen zu wollen.

„Lass es Sven machen, der hat die doch auch garantiert da hingehängt.“ begann ich meine Kommentierung ihrer Bemühungen. Daß diese nicht von Erfolg gekrönt sein würden, dürfte sich auch jedem anderen Betrachter sofort erschlossen haben, denn Raissa hat eine eher durchschnittliche weibliche Körpergröße und kann die Bürodecke mit ihren Händen ganz zweifelsfrei nicht erreichen.

„Die stört mich aber, die muß weg.“

„Oh nein, du steigst jetzt nicht auf deinen Stuhl mit seinen Rollen! Warte auf Sven.“ Da musste ich doch glatt mal energisch werden.

„Nein, ICH mache das.“

Sturkopf. Raissa stammt aus einer kinderreichen Familie, da lernt man vermutlich eine gewisse Beharrlichkeit zur Durchsetzung seiner Interessen. Also stand ich auf, begab mich unter die Girlande und löste sie mit ausgestrecktem Arm von der Decke. Die andere Seite hing noch hinunter – auch für mich unerreichbar, da ich hier schräg über Trudis Schreibtisch hätte greifen müssen. Was dazu führte, daß sich der Weg zur Befestigung um einen gewissen mathematischen, unter Anwendung einer schlauen geometrischen Formel errechenbaren Faktor vergrößerte, welcher mit der Länge meines Armes auch unter Verwendung meiner Zehenspitzen nicht mehr kompatibel war. Und auf dem Schreibtisch herumtanzen werde ich bestimmt nicht. Musste ich auch nicht, denn ehe ich mich versah, hatte Raissa selbigen erklommen und die Girlande gelöst.

Minuten später kam Sven ins Zimmer.

„Oh, Raissa, du hast ja schon ganze Arbeit geleistet. Ich wollte die Girlande gerade abhängen.“

„Paterfelis hat mir geholfen.“

Sven grinste mich an.

„Ja, manchmal ist er ein guter Mensch.“

Mag sein, aber ich hoffe, er erzählt es nicht weiter. Wie der erfahrene Blogleser weiß, habe ich iim Büro schließlich einen Ruf zu verlieren.



Sonntag, 18. November 2018

Sie hatte ihre Chance

Der von mir auf der Heimreise stets gewählte Zug pendelt zwischen Neustadt und Kurbad Grönau mit dem erwünschten Zwischenhalt Neustädter Ländchen. Neustadt Hauptbahnhof stellt für die Linie also den Wendepunkt dar, an dem der jeweilige Lokführer den Führerstand des Triebzuges wechseln muß.

Wie im gummibereiften Nahverkehr auch, kennt man mit der Zeit auch im schienengebunden Nahverkehr das eingesetzte Stammpersonal. So kommt die nach allgemeinem Verständnis hier beliebteste Lokführerin, im hiesigen Sprachgebrauch nur mangels weiterführender Erkenntnisse als Blondi tituliert, auf ihrem Weg von einem Ende zum anderen Ende des Fahrzeuges an den frisch zugestiegenen Reisenden vorbei.

Nur Augenblicke nach Betreten und Aktivieren des nun vorne gelegenen Führerstandes erfreute uns Blondi wieder mit ihren berühmt-berüchtigten Durchsagen.

„Sehr geehrte Damen und Herren, ich begrüße Sie in der S-Drölfundsiebzig mit dem Reiseziel Kurbad Grönau. Bis zur Abfahrt haben wir noch fünf Minuten Zeit. Die Schwarzfahrerin im ersten Wagen hat somit noch ausreichend Gelegenheit zum Erwerb einer Fahrkarte. Danke sehr.“

Vergebliche Liebesmüh, wie der ausnahmsweise anwesende Zugbegleiter später feststellen durfte.




Donnerstag, 15. November 2018

Zweihundertfünfzig - plusminus ein paar Kleine

Raissa lebt in einer Beziehung. Ihr Freund studiert Informatik und ist das einzige Kind einer türkischstämmigen Familie. An sich hat seine Herkunft für mich keine weitere Bedeutung, ist für die aktuelle Geschichte aber doch schon von einem gewissen Interesse.

Unlängst sind beide nach mehr als einjähriger Wohnungssuche zusammengezogen. Eine Küche haben sie noch nicht, aber die wichtigsten Einrichtungen sind vorhanden: ein Eisschrank und eine Fritteuse, welche nur auf dem Balkon betrieben wird. Mehr benötigt eine gute Küche auch nicht, außer vielleicht noch einen Kühlschrank. Und eine Eiswürfelmaschine.
Wie sollte es anders sein, gibt es bei unserem jungen Glück grundlegende Differenzen in den wichtigen Fragen menschlicher Ernährung. Raissas Freund bevorzugt nämlich dünne Pommes, die soweit durchgebacken sind, daß sie quasi nur noch aus Kruste bestehen, während Raissa eher die auch mir sympathischeren dicken Pommes favorisiert, die innen noch eine gewisse Kartoffelkonsistenz besitzen und auch geschmacklich an ihre Herkunft als Kartoffel erinnern. Um allen Eventualitäten hinsichtlich der Pommesfrage vorzubeugen, wurde der Eisschrank im Rahmen seiner Erstbefüllung entsprechend ausgestattet. Hier findet das Herz alles, was es begehrt: dicke Pommes, dünne Pommes, gewellte Pommes, gekringelte Pommes, scharf vorgewürzte Pommes und an sich alle weiteren denkbaren Variationen käuflich zu erstehenden Packungen mit tiefgekühlten Pommes.
Während sich Raissa aus durchaus nicht uneigennützigen Gründen in einem nicht von der Hand zu weisendem Pragmatismus unter der Woche auch aufgrund der räumlichen Nähe zu unserem kleinen gemütlichen Büro mittags von ihrer Mutter durchfüttern lässt, steht am Wochenende alternativ auch die Mutter ihres Freundes gerne zur Verfügung, selbiges zu übernehmen und das Pärchen somit vor einer Pommes-Überversorgung zu bewahren. Im Laufe der Zeit hat sich Raissa, die scharfen Speisen eher abgeneigt ist, auch an die doch etwas kräftigere Art der Würzung, wie sie ihre künftige Schwiegermutter an den Tag legt, gewöhnt. Die heimatliche Küche der Schwiegerfamilie bleibt eben unübersehbar.
Nun wollte die Frau Schwiegermama den beiden auch mal etwas anderes bereiten. Sie entschied sich dazu, zum ersten Mal in ihrem Leben eine Bolognese-Sauce zu kochen.
„Und weißt du was?!“ fragte mich Raissa, nachdem sie mir im Büro davon erzählt hat.
„Was denn?“
„Sie kam da mit 250 Gramm Hackfleisch. Für uns alle.“
„Oh.“
„Ja. Das ist ja fast so, also wollte man mit 80 Gramm Käse eine Lasagne machen.“
Eine wahrlich schreckliche Vorstellung. Aber der gute Wille hat gezählt. Und ich bin sehr zuversichtlich, daß die Grundlage der Sauce beim nächsten Versuch etwas fleischlastiger sein wird.
Ganz bestimmt.

Montag, 12. November 2018

Kaffee, Wasser, Tee und Sonderleistungen

In gewissen zeitlichen Abständen treffen sich die Seniorsachbearbeiter des LASA, getrennt nach ihren jeweiligen Fachbereichen, mit einigen Herrschaften der Abteilungsleitung zu einem Austausch in der großen Stadt, also in der LASA-Hauptverwaltung in Bad Husten. Praktiker unter sich. Nicht so wie die Theoretiker, also die Außenstellen- und irgendwie auch die Fachbereichsleiter. Wir sind die Basis. Wir wissen, wovon wir reden. In der guten alten Zeit fand so ein Termin alle drei Monate statt, dann verlängerten sich die Zeiträume und es dauerte schließlich satte drei Jahre, bis man mal wieder zusammenkam. An jenem denkwürdigen Tag mussten wir den Arbeitskreis mit der riesigen Tagesordnung aus Zeitgründen vorzeitig beenden. Man würde sich, so die Aussage der Herrschaften der Abteilungsleitung, zeitnah wieder treffen, um die noch offenen Punkte zu erörtern.
Wenn unsereins auf Wunsch der Abteilungsleitung etwas zeitnah erledigen soll, dann bedeutet das soviel wie am besten gestern oder noch früher. Jetzt weiß ich auch, was zeitnah bedeutet, wenn unsere Abteilungsleitung dies auf sich bezieht: ein halbes Jahr. Ich habe so den Verdacht, daß ich mich darauf im Zweifelsfall nicht als Referenz berufen darf.
Für die in Bad Husten arbeitenden Kollegen ist der Arbeitskreis immer wieder eine nette Unterbrechung des Arbeitsalltages; für mich aber geht aufgrund der langen An- und Abreise mit der Bahn regelmäßig ein ganzer Arbeitstag verloren. Dennoch halte auch ich diesen Arbeitskreis für sinnvoll, sieht man doch neben dem tatsächlichen Erfahrungsaustausch auch die alten Mitkämpfer wieder und stellt fest, daß die grauen Haare auch bei ihnen überhandgenommen haben.
Den Weg vom Bahnhof bis zu dem Gebäude, in dem das LASA seinen Sitz hat, laufe ich meistens. Hier habe ich 14 Jahre lang gearbeitet, bis ich wunschgemäß in die erste Außenstelle versetzt wurde. Es ist interessant zu sehen, wie die Gegend sich verändert. Interessant, aber nicht schön. Auf dem Weg haben viele der alten Geschäfte mittlerweile geschlossen. Den exklusiven Pralinenladen gibt es ebenso wenig noch wie das doch einst immer gut besuchte Reisebüro und den alteingesessenen und wirklich gut sortierten Spielzeugladen, welcher noch zu meiner Zeit sein hundertjähriges Geschäftsjubiläum gefeiert hat. Der familiengeführte Elektronik- und Schallplattenladen ist weg, und die von mir einst hoch geschätzte Imbissbude musste einer türkischen Imbisskette weichen. Selbst die beiden Geschäfte mit Artikeln für die Ehehygiene gibt es nicht mehr. Der Onlinehandel fordert seinen Tribut.
Überhaupt finden sich auf der ersten Hälfte des Weges zunehmend türkische Geschäfte, zumeist Imbisse oder Kioske. Nicht, daß ich etwas dagegen hätte, aber es fällt auf. Bedenklich scheint mir allerdings zu sein, daß auf dem Weg, den ich in einer guten Viertelstunde zu Fuß bewältige, mittlerweile vier Pfandleihen betrieben werden. Ich mutmaße, daß dies nicht für die wirtschaftliche Entwicklung der Gegend spricht.
Endlich angekommen betrete ich die LASA-Hauptverwaltung und begebe mich direkt auf dem Weg zu Konferenzraum. Ich habe noch Zeit. Trotz der abenteuerlichen Anreise, verbunden mit einem Zugausfall und zwei verspäteten Anschlüssen, bin ich zu früh. Normal. Ich bin nicht der erste im Raum. Ein Kollege aus einer noch weiter entfernten Außenstelle, welche eine noch unmöglichere Verkehrsanbindung hat, sitzt auf seinem Platz und liest Zeitung. Wir alle haben unsere Stammplätze. Diese haben sich in Jahrzehnten ausgebildet. Ich erinnere mich noch an die Zeit vor 16 Jahren, als ich erstmals in diesen Arbeitskreis berufen wurde. Einige Kollegen von damals sind heute noch dabei, einige haben gewechselt. Es ist mitunter erschreckend, wie jung der Nachwuchs heute noch ist, wenn er sich Seniorsachbearbeiter nennen darf. Kaum Erfahrung, quasi noch grün hinter den Ohren und entsprechend in unserer Runde auch überfordert. Sofern man sich überhaupt traut, etwas zu sagen.
Früher, als noch alles wie früher war, gab es reichlich Kaffee, Tee, Wasser, Fruchtsäfte und Kekse. Die Fruchtsäfte wurden als erstes eingespart. Zu teuer. Dann die Kekse. Der Hausdienst kommt und deckt ein. Wie immer für 24 Teilnehmer zuzüglich der Kollegen der Abteilungsleitung. Für je zwei Tische mit je zwei Sitzplätzen gibt es eine Kanne Kaffee und eine Flasche Wasser. An jedem dritten Tisch werden an Stelle des Kaffees eine Kanne heißes Wasser und ein paar Teebeutel bereitgestellt. Ein Schälchen mit Kaffeesahne und Zucker gibt es alle zwei Tische.
Ich nehme das Recht des Erstgeborenen früh Erschienenen in Anspruch und tausche die vor mir stehende Kaffeekanne gegen die Kanne mit heißem Wasser und den Teebeuteln aus. Im gesamten Angebot finden sich drei Beutel mit Sorten, die ich zu mir nehmen würde. Die bereitgestellten Tassen sind winzig. Die Teebeutel auch. Und dann geschieht das Wunder. Es gibt wieder Kekse. Einen Dessertteller voll für jeden dritten Tisch. Es ist unfassbar. Ein Herr der Abteilungsleitung meinte, er habe einfach mal wieder versucht, welche zu bestellen und es hätte funktioniert. Einfach so. Wir leben wahrlich wieder in goldenen Zeiten.



kein Symbolbild

Nach und nach trudeln die restlichen Kollegen ein. Wir reden über das, was ältere Herrschaften so bewegt. Die guten, alten Zeiten eben. Die Veranstaltung beginnt pünktlich. Wir ziehen das Programm nur mit einer Pinkelpause durch. Gegen späten Mittag werden die im LASA arbeitenden Kollegen unruhig. Die Kantine droht so langsam zu schließen. Den externen Kollegen ist es egal. Draußen in der Wildnis haben wir keine Kantinen. Und auch keine Cafeteria, in der wir uns zur Frühstückspause bei günstigen aber tatsächlich gut belegten Brötchen, Teilchen, Kaffee und Kakao treffen. Meine Favoriten früher waren die Rührei-Brötchen und die Frikadellenbrötchen. Die Frikadellen wurden stets hausgemacht und waren noch warm.
Die zu meiner Zeit schon gute und dem Vernehmen nach sogar noch besser gewordene aber nicht ganz billige Kantine und die Cafeteria der Hauptverwaltung habe ich ewig nicht mehr besucht, auch wenn ich Zeit dazu gehabt hätte. Seit man dort die Barzahlung abgeschafft hat, sehe ich es nicht mehr ein. Man muß an einem Automaten Geld auf seinen Dienstausweis einzahlen, von dem dann an der Kasse abgebucht wird. Eine Guthabenerstattung ist nur auf manuellem Weg während eines schmalen Zeitfensters im Büro des Kantinenleiters möglich. Zu Uhrzeiten, in denen der Gast von außerhalb im Regelfall keine Zeit dazu hat. Dann müssen sie eben ohne mich zurechtkommen. Ein Kunde weniger. Es wird sie nicht stören.
In den Außenstellen gibt es überhaupt keine Frühstückspausen. Auch keine inoffiziellen. Wer Hunger hat, beißt in sein mitgebrachtes Butterbrot, während er weiterarbeitet. Wir beschließen, unsere Tagung ohne Pause durchzuziehen, um schneller wieder auf dem Weg nach Hause zu sein. Niemand möchte in den Feierabendverkehr von Bad Husten geraten. Wirklich niemand.
Die Tagesordnung ist wieder umfangreich. Diese abzuarbeiten erscheint mir sportlich. Doch einige Punkte werden dem Vernehmen nach ausfallen. Der zuständige Kollege ist nicht im Dienst, sein Kind ist erkrankt. Ein weiterer, ansonsten schon übertrieben redseliger Kollege kann seine Themen ebenfalls nicht ansprechen. Dies ist wörtlich zu nehmen, denn er befindet sich zwar vor Ort, ist aber erkältet und absolut heiser. Es gibt niemanden, welcher für die beiden einspringen könnte. Die Expertendecke in der Abteilungsleitung ist zu dünn. Für jedes Thema oder zusammengefasste Themenbereich gibt es mit etwas Glück genau eine (1) Person mit ausreichendem Sachverstand. Fällt diese Person wegen Krankheit, Urlaub oder auch einjähriger Elternzeit aus, dann war es das erst mal.
Zahlreiche Tagesordnungspunkte später ist die schon erwartete Ernüchterung eingetreten. Wieder einmal wurde uns bestätigt, daß auch unsere Abteilungsleitung sich bewusst ist, daß viele Dinge im LASA weltfremd gehandhabt haben und so wie wir sie machen auch noch unpraktikabel sind. Änderungswünsche werden von den Praktikern der Abteilungsleitung an die Gremien weitergereicht, welche für eine bundesweit einheitliche Bearbeitungsweise Sorge tragen sollen. Hier sitzen keine Praktiker, sondern Juristen und ähnliche Theoretiker, die vom wirklichen Leben und unserer Arbeit vor Ort keine Ahnung haben. Die aus unserer Sicht sinnvollen Vorschläge werden dort regelmäßig zerredet und bis zur Unkenntlichkeit verändert. Oder direkt abgelehnt. Was Gescheites ist selten herausgekommen. Werte Opfer der deutschen Bürokratie: Wir vor Ort können nichts dafür. Ehrlich. Wir müssen so sein. Meistens jedenfalls. Beschwert euch in den diversen Hauptstädten, aber nicht bei uns. Wir sind auch nur Opfer.
Das letzte Thema der Tagesordnung wird angesprochen. Mit etwas Glück könnte ich den nächsten Zug noch schaffen. Doch „Vertan“ sprach der Hahn. Es gibt noch einen Nachschlag. Der genügt, um zu wissen, daß ich erst den übernächsten Zug in Richtung Neustadt nehmen werde.
Vor dem Feierabend nochmal auf die Örtlichkeit und Biomasse abwerfen. Die Fahrt wird lang, und auf das Erlebnis, in einem Zug auf die Toilette zu gehen, kann ich verzichten. Die Räumlichkeiten hier in der Hauptverwaltung, auf der Etage mit den Konferenzräumen, stehen in keinem Verhältnis zu jenen, die uns draußen in der Pampa geboten werden. Hier gibt es sogar in der Toilettenkabine einen Wandhaken, an dem sich eine Ersatzrolle mit WC-Papier befindet. So etwas haben wir in den Außenstellen nicht. Die Ersatzrollen stehen – will man sie direkt am Ort des Geschehens haben - entweder unmittelbar auf dem schmutzigen Boden oder oben auf der Trennwand. Letzteres ist dann halt Pech für Kleinwüchsige. Dafür haben wir noch warmes Wasser, um uns damit die Hände zu waschen, was in der Hauptverwaltung im Zuge fälliger Renovierungen wegfallen wird. Bei uns natürlich auch irgendwann mal, aber eben erst später. Warmes Wasser ist für die einfache Belegschaft zu teuer.
Wieder schlendre ich den Weg zu Fuß. Mir fallen weitere verschwundene Geschäfte auf. Das alte Kino ist weg, der Fantasyladen auch. In dem großen Gebäude des ehemaligen Horten-Warenhauses haben sich neue Mieter eingenistet. Es ist kein Name dabei, welcher mir etwas sagen würde. An einer Verkehrsinsel hat man Palmen aufgestellt und diese in einem erstaunlich gut wirkenden Beet mit einer Umrandung aus alten Autoreifen platziert. Ist es Kunst oder Pragmatismus? Ich weiß es nicht, aber es gefällt mir wirklich.
Am Bahnhof überlege ich, ob ich etwas Zeit in der örtlichen Bulettengrillerei verbringen soll. Früher war es für mich mal etwas Besonderes, hier zu speisen. Doch inzwischen gibt es ja überall Filialen dieses von mir favorisierten Anbieters. Kein goldenes M, sondern der Andere. Der mit der offenen Flamme. Etwa ein- bis zweimal im Jahr zieht es mich in eine solche Filiale. Das muß dann aber auch reichen. Ich verzichte heute darauf. Hunger habe ich ohnehin nicht. Drei oder vier Kekse werfen mich in Sachen Appetit und Nahrungsaufnahme immer um Stunden zurück. Macht nichts, Geld gespart. Außerdem habe ich in meinem Rucksack noch zwei Butterbrote. Doch auch diese werden den Weg nach Hause noch bis zu Ende erleben. Frühstück für den nächsten Tag. Sofern ich mal frühstücken sollte.
Die Anzeigetafel des Bahnhofs verrät mir, daß zwei ICEs ausgefallen sind und ein IC ordentlich Verspätung hat. Das stört mich nicht, die Benutzung dieser Züge wird von der Reisekostenstelle des LASA nicht genehmigt. Ich nehme den Regionalexpress, zweite Klasse. Nahverkehr. Beinahe schon Bummelzug. Er fährt einmal stündlich. Wenn er denn fährt. Heute ist er weitgehend pünktlich. Über fünf Minuten Verspätung reden wir nicht. Kaum warte ich über 50 Minuten bei einer ordentlichen Brise auf dem Bahnsteig, schon ist er da. Die Fahrt nach Neustadt und darüber hinaus weiter ins Neustädter Ländchen wird wesentlich länger dauern. Der richtige Feierabendverkehr hat noch nicht begonnen. Ich bekomme problemlos einen anständigen Sitzplatz. Der Sitz neben mir wird erst nach mehr als halber gefahrener Strecke belegt. Mit einem leichten Sprint erreiche ich in Neustadt meinen Anschluss.
Das war es mal wieder. Vermutlich wieder für ein halbes Jahr.
Oder so.

Donnerstag, 8. November 2018

Paterfelis spielt - aber etwas fehlt

Nach längerer Zeit geht es weiter in der für mich wichtigen „Paterfelis spielt“-Reihe. (Ich muß hier unbedingt mal ein eigenes Label für diese speziellen Einträge einpflegen). Wie die eingefleischten Blogleser wissen, ist das Spielen ein für mich eine sehr elementare Möglichkeit, um mit anderen Menschen gesellig Zeit zu verbringen. Nach dem Ende meiner Tabletop-Phase im Jahr 2012 hatte ich zweigleisig versucht, wieder Spielerunden zu etablieren. Da wäre zunächst das Spielen im Büro nach Feierabend. Eine Zeit lang bestand eine Blood Bowl-Runde. Zu meinem großen Bedauern entwickelte sich diese nicht weiter. Der harte Kern reduzierte sich auf Sven, Frl. Hasenclever, Mandy und mich.

Zur Erinnerung: Blood Bowl ist ein miniaturenbasiertes, leicht ironisches Brettspiel, bei dem verschiedene Völker aus dem Fantasy-Genre in einer Art Football-Match gegeneinander antreten. Ein Spiel besteht aus zwei Halbzeiten zu je acht Zügen. Es lässt sich eine Liga aufbauen, in dem die Ergebnisse eines Spieles Auswirkungen auf das nächste haben. Diese Spielform zu erreichen war Sven und mein Ziel. Leider ist es uns nicht gelungen, alle Beteiligten so weit zu bringen, daß es auch nur ansatzweise ins Auge zu fassen wäre, auf diese Weise zu spielen. Bis zum Schluß zeigte sich eher, daß wir auch nur über eine zu Ende gespielte Halbzeit nicht hinauskommen würden. Ein Liga-Spiel mit den entsprechenden Nachbereitungen der Spiele erfordert jedoch eine gewisse häusliche Vorarbeit sowie zumindest den Abschluss eines Spieles an einem Tag. Es fehlte an der Zeit und dem Durchhaltewillen. Heute spielen wir alle paar Monate einen Durchgang, das war es.

Dann wäre da noch die „normale“ Spielerunde im Büro. Nach einer Unterbrechung von einigen Monaten haben Sven und ich diese nochmals ins Leben gerufen. Wenn man den Leuten hinterherrennen muß, im Vorfeld gerne ein paar Zusagen hätte, um planen zu können und Antworten erhält wie „Ich weiß noch nicht, vielleicht habe ich ja bis dahin noch etwas besseres vor.“,oder um jede Viertelstunde kämpfen muß, welche die Kollegen unbedingt noch länger arbeiten müssen, um den Monat noch statistisch zu retten, dann verliert mal schon die Motivation. Aber zumindest jetzt haben wir eine Runde aus neun Interessierten zusammen. Vielleicht wird der neue Durchgang ja stabiler. Dabei beschränken sich die Runden auf einige Kartenspiele oder andere, eher einfachere Brettspiele.

Da wir im Büro nicht unbegrenzt Zeit haben, schließlich können wir nicht vor dem frühest möglichen Feierabend beginnen und müssen zum offiziellen spätesten Büroschluß draußen sein, gibt es noch die häusliche Runde bei mir im Metzelsaal. Meistens spielen wir in der uns zur Verfügung stehenden Zeit zwei oder drei Spiele, die auch mal etwas anspruchsvoller sein können. Die Betonung liegt auf etwas. Der Zeitfaktor hängt immer im Nacken. Die Kollegen erscheinen gegen 14 Uhr, dann werden erst mal bis 15 Uhr Mettbrötchen oder ähnliches verdrückt und gequatscht. Die Spielzeit endet meistens gegen 19.00 Uhr. Sven muß mit dem öffentlichen Nahverkehr nach Hause, Raissa ebenso, hat es aber nicht ganz so weit wie er. Ludwig fährt am Wochenende zu seinen Eltern in das Heimatdorf hinter dem Wald ins örtliche Gebirge, und Frl. Hasenclever zeigt sich auch regelmäßig erschreckt, wenn es mal länger wurde und sie ich vor 20.00 Uhr noch nicht auf der Rennstrecke nach Hause befindet.

Es gibt aber zahlreiche Spiele, die potentiell auch etwas mehr Zeit erfordern. So hatte ich unlängst mal einen Halloween-Sonderspieltag ins Auge gefasst. Vor meinem inneren Auge baute sich ein mit entsprechender – bei uns reichlich vorhandener – Halloween-Deko umgestalteter Metzelsaal auf, und natürlich hätte es auch ein passendes Buffet gegeben. Es wurde reges Interesse bekundet. Nur der Termin war so eine Sache. Der eigentliche Halloween-Abend war aus verschiedenen Gründen ausgeschlossen. Frl. Hasenclever hatte Urlaub und sollte sich eher Abseits von unserem Teil der menschlichen Zivilisation befinden, was nebenbei auch stets bedeutet, daß ich als ihr Vertreter im Büro anwesend sein muß. Eine schlechte Voraussetzung für eine längere Abendgestaltung. Außerdem hatte die zweitbeste Ehefrau von allen auch an diesem Abend ihre Kurse zu geben, so daß sie ebenfalls ausgefallen wäre. Zu bezweifeln wäre ebenfalls gewesen, daß Sven so lange von zu Hause Ausgang bekommen hätte.

Also fixierte ich den vorab lose mündlich besprochenen Plan nochmals schriftlich in unserer eigens eingerichteten WhatsApp-Gruppe, erläuterte das Terminproblem und bat um alternative Vorschläge. Meinerseits gab es keine Einschränkungen, da ich an Wochenenden meistens Zeit habe und auch bei der zweitbesten Ehefrau von allen so gut wie keine Wochenendtermine mehr anstanden. Die Reaktion war gleich Null. So etwas hasse ich ja. Nach einigen Tagen maulte ich in der Gruppe aus einem ähnlichen gegebenen Anlass zu dem Thema mal etwas herum. Ich bekam als einzige Antwort, daß man auf Halloween keine Zeit habe, da man ortsabwesend sei.

Das war jetzt nicht die Antwort auf meine Fragestellung. Also erklärte ich die Veranstaltung für erledigt. Wenn man es nicht mal für nötig befindet, den Eingangseintrag richtig zu lesen, interpretiere ich es als Desinteresse und fertig. Da bin ich stur. Ich renne niemanden hinterher.

Die normalen, turnusmäßigen Runden laufen wie gehabt weiter.

Es gab auch mal einen Versuch durch Sven und mich, das Thema Tabletop nochmal wiederzubeleben. So baute ich eine ordentliche Spielplatte von 120 x 120 cm auf. Es entstand eine durch eine Katastrophe zerstörte Stadt aus einer Fantasywelt,in der zwei Banden auf Schatzjagd gingen und sich dabei bekämpften. Sven und ich ließen Frl. Hasenclever und Ludwig gegeneinander antreten, wir beide als erfahrene Spieler coachten sie dabei. Das Spiel wurde bis zu Ende gespielt, war aber auch eher unbefriedigend. Während Frl. Hasenclever sich von der Komplexität des Spielfelds überwältig und damit auch überfordert zeigte, erwies sich Ludwig eher als Kind der Online-Ego-Shooter-Generation. Er wollte nur siegorientiert spielen, aus der Distanz von hinten ungefährdet und ohne eigenes Risiko auf den Gegner schießen, Nahkämpfe vermeiden und überhaupt nur mit Komplettausrüstung ins Gefecht ziehen. Doch so funktioniert ein stimmungsvolles Tabletop-Spiel nicht. Hier ist auch eine Geschichte zu erzählen, insbesondere bei Austragen einer Kampagne. Es war aussichtslos.

Es ist schön für mich, daß ich wieder regelmäßig spiele. Die Spiele bereiten mir auch Freude, das steht außer Zweifel. Die Nervosität vor den Zusammenkünften, egal ob im Büro oder zu Hause, bleibt. Ich werde es nie als Selbstverständlichkeit betrachten und im Vorfeld entspannt an die Sache herangehen. Ich benötige einige Tage - auch innere - Vorbereitung, selbst wenn ich deswegen von anderen belächelt werde. Damit kann ich leben.

Aber es fehlt mir auch etwas. Ich vermisse bei den Spielen, die wir austragen, die Zeit der Vorberitung und Planung, das Epische und die mentale Erschöpfung am Ende, wie es aus meiner Sicht nur komplexere, zeitintensivere Spiele wie ein Tabletop bieten können.

Mit diesen Erfahrungen steht für mich erneut fest, daß meine Tabletop-Karriere definitiv beendet ist. Meine Tabletop-Materialien werde ich nie weggeben, aber sie werden sicher verstaut im Regal und im Keller-Keller ihre Zeit absitzen. Genau wie meine Modellbahnsammlung nie wieder fahren wird.

Aber man kann nicht alles haben.




Montag, 5. November 2018

Hart, härter, am härtesten

Die Welt, wie ich sie kenne, geht immer mehr den Bach runter. Die Katastrophe nimmt ihren Lauf. Und der Donald kann noch nicht mal etwas dafür, soweit ich es nachvollziehen kann.

Habe ich vor einigen Jahren hier im Blog noch bedauert, daß in Deutschland meine Lieblings-Nasi Goreng-Sorte aus der Dose nicht mehr erhältlich ist, verschwindet nach der deutschen Marktaufgabe meiner Lieblings-Kaugummisorte nun auch meine Lieblings-Bihunsuppe. Ihr kennt bestimmt alle die gelb-grünen Dosen, die unter dem Markennamen Indonesia vertrieben werden. Oder wurden. Zeitungsberichten zu Folge ist der Hersteller insolvent und hat den Betrieb eingestellt.

Unvergesslich die Zeit, als meine Eltern diese Suppe erstmals als tiefgefrorene Variante gekauft haben. Das war bei uns zu Hause damals noch etwas ganz Exotisches. Und auch später hat diese Suppe in der Dosen-Variante, die etwas weniger scharf aber besser lagerbar war, sowohl mich als auch die zweitbeste Ehefrau von allen über so manchen Wintertag gerettet.

Und unsere Vorräte bestehen nach Angebots- und Hamsterkäufen nur noch aus 24 großen Dosen. Mit 25 % mehr Inhalt. Eine Katastrophe.

Wie soll man so denn künftig über den Winter kommen?



Samstag, 3. November 2018

Wunsch nach Veränderung

Wir dümpelten in unserem kleinen gemütlichen Büro in Neustadt vor uns hin. Die Luft war schlecht, da der Lärm vor dem Haus stattfindender Bauarbeiten uns gezwungen hatte, die Fenster zu schließen. Aus dem Radio dudelte irgendeine schreckliche Musik. So ein neudeutscher Jammergesang, von dem man schon ohne auf den Text zu achten depressiv werden kann.

„Du, Raissa, mach‘ mal den Heavy Metal-Sender an.“

„Hier gibt es keinen Heavy Metal-Sender. Wir haben keinen Internet-Anschluss an dem Radio.“

„Aber wir könnten ja eine Heavy Metal-CD anwerfen.“

CD. Voll Oldschool.

„Wenn ich eine finde.“

„Und dann brüllen wir alle WACKEN!!!“

Ihr wisst schon. Da findet jährlich das große Heavy Metal-Festival statt. Na Wacken eben.

„Das haut dann aber Frl. Hasenclever von ihrem Stuhl.“

„Es trifft immer auch Unschuldige.“

„Die hält und dann bestimmt für bekloppt.“

„Was wäre daran verkehrt? Außerdem habe ich eine Idee.“

„Ich bekomme Angst“

„Durchaus berechtigt.“

„Und die Idee?“

„Wir schmeißen zusammen und kaufen uns ein Dixi-Klo eine mobile Toikettenkabine..

„Toll…“

„Damit machen wir uns selbständig.“

„…“

„Ja, wir stellen die auf dem Festival in Wacken auf und verlangen Eintritt.“

„…“

„Und dann brauchen wir natürlich noch einen fetten Slogan.“

„…“

„KACKEN IN WACKEN!“

„Ja, Paterfelis.“

Was denn?




Donnerstag, 1. November 2018

Phasenweise

Phasenweise

Es gibt so viele Dinge, die ich aktuell gerne machen würde. Nichts, was jetzt besonders spektakulär wäre. Nein, ganz einfache Alltagsangelegenheiten. Kleinkram. Ein Regal neu sortieren. Schreiben. Lesen. Und andere Dinge mehr. Doch mir fehlt jegliche Motivation. Wobei das wohl auch nicht so das richtige Wort ist. Der Wunsch ist da, die positive Einstellung somit auch. Aber der erste Schritt funktioniert nicht. Das Aufraffen dazu stellt sich als eine zu große Hürde dar.

Es wird Zeit, daß diese Phase wieder vorbei ist.

Doof.