Werte Nachbarn,
Sie sind eingezogen.
Das ist schön. Mehr oder weniger. Es konnte erwartet werden. Wäre
auch zu schön gewesen, wenn es anders gelaufen wäre.
Natürlich macht es
Geräusche, wenn man sich in einer Wohnung einrichtet. Gar keine
Frage. Bohren, saugen, Dinge schieben. Kein Problem. Das geht vorbei.
Mit einem Hammer hantieren auch. Ganz bestimmt. Da mache ich mir
keine Sorgen.
Aber man muss
innerhalb der Wohnung befindliche Treppen nicht auf den Hacken rauf-
und runterlaufen, geschweige denn Rennen. Oder das alles mit
Holzpantinen an den Füßen veranstalten. Zumindest hört es sich so
an. Bis in den Keller. Das geht auch leise. Ihre Vorgänger haben wir
nie gehört, wenn sie sich innerhalb der Wohnung aufgehalten haben.
Bei Ihnen – beide Etagen – können wir jederzeit lokalisieren, wo
Sie sich gerade aufhalten. Problemlos.
Das gilt auch Sie,
Frau Nachbarin, wenn Sie morgens aufstehen und aufs Klo müssen. Sie
müssen den Toilettendeckel nicht doppelt gegen die Wand donnern. Der
hält auch so, wenn man ihn anlehnt. Ganz bestimmt. Einfach mal
versuchen.
Bei der Gelegenheit:
Entgegen Ihrer Aussage verlassen Sie nicht FRÜH das Haus. Und Sie
kommen auch nicht SPÄT wieder zurück.
8 Uhr ist nicht
FRÜH.
18 Uhr ist nicht
SPÄT.
Aber trotzdem muss
man die Haustür nicht zuknallen lassen.
Besonders begeistert
sind wir auch nicht, wenn direkt zu Beginn hier alles möglich
geändert werden soll, was einen Beschluss der Hausgemeinschaft
erfordert. Früher war das einfach. Da wohnten alle Eigentümer hier
und man sprach sich ab. Heute wohnen nicht mehr alle Eigentümer
hier. Alles läuft über die neue Hausverwaltung. Und die nimmt für
jeden abzustimmenden Beschluss außerhalb der regulären
Eigentümerversammlung Geld. 50 Euro. Man kann auch mal Dinge
abwarten. Kein Problem. Echt nicht. Man nennt es „Geduld
aufbringen“. Müssen Sie mal versuchen; es lohnt sich. Auf jeden
Fall aber zahlt es sich aus.
Und übrigens: Der
Restmüll gehört nicht in die Biotonne, auch wenn diese leer ist und
die Restmülltonne gerade voll. Umgekehrt kann man es mal machen.
Aber nicht in dieser Reihenfolge.
Ausgediente Lampen
sind Elektroschrott. Elektroschrott ist nix Restmüll.
Und noch etwas: Ja,
Styropor gehört in die Wertstofftonne. Haben Sie auch brav gemacht.
Und damit die beiden Tonnen bis über den Rand ihrer Kapazitäten
gebracht. Es stört ja auch überhaupt nicht, dass die Dinger erst
wieder in zwei Wochen geleert werden. Mit etwas Nachdenken wäre Sie
auf die Überlegung gekommen, das Styropor in normalen,
durchsichtigen Mülltüten zu lagern und bei der Abholung bei den
Tonnen zu platzieren. Das wird dann kostenlos mitgenommen, machen Sie
sich da mal keine Sorgen. Jetzt aber können wir zwei Wochen lang
riechen, wo der stinkende wiederverwertbare und ebenfalls in die
gelben Tonnen gehörende Haushaltsmüll lagert. Sein Sie dankbar,
dass gerade nicht Sommer ist. Das hält die Insekten im Zaum.
Boaaah ne, Leute.
Einfach mal bis über die Nasenspitze hinaus denken. Ihr seid doch nicht gerade bei Mama ausgezogen.
Ich werd’ hier
noch wahnsinnig.