Es war ruhig in der Höhle im Schicksalsberg. Tanja und ich arbeiteten vor uns hin, als eine länger nicht mehr gehörte aber dennoch vertraute Stimme die Stille unterbrach.
„Schönen guten Morgen.“
Rebecca stand in der Tür.
„Nein! Ich dachte immer, Frl. Hasenclever hätte mich nur verarscht. War wohl nichts, du bist ja wirklich wieder da.“
Ich grinste Rebecca an, die frisch aus der Elternzeit kommend unser Büro betreten hatte.
„Ja, bin ich. Und endlich wieder mal in diesem Büro hier.“
Nach mehr als einjähriger Abwesenheit dürfte so einiges bei ihr eingerostet sein. Und auch den bei uns erfolgten Digitalisierungsschub hat Rebecce nur so ganz am Rand mitbekommen, bevor ihre Auszeit losging. Also ist es an mir, ihre ersten Schritte nach der Rückkehr zu begleiten. Das kam dann doch eher überraschend, denn aufgrund einer kurzfristigen Entscheidung wichtiger Persönlichkeiten soll Rebecca nun doch wieder bei uns eingesetzt werden. Und - wenn die Eingewöhnung von Rebeccas Kind in der Kita gut läuft - auch ohne zweite Runde Elternzeit.
„Dann ist es mit der heiligen Ruhe hier wohl vorbei.“seufzte ich.
Zumindest stand das zu befürchten. Und ich würde niemanden finden, der bei einer potentiellen Wette dagegen hält. So bekloppt kann keiner sein.
„Ich habe meinem Mann erzählt, dass ich schon mal bei dir saß. Damals, als wir unsere Hochzeit geplant haben. Der meinte nur ‚Das hat er alles mitbekommen?‘. Und er lässt dir sein tiefes Mitgefühl ausrichten.“
Männer verstehen sich eben, auch wenn sie sich noch nie gesehen haben.
„Jetzt kann ich nur noch Kindergeschichten erzählen.“
Reicht auch.
Etwa zwei Stunden waren vergangen, als Herr Holzmann hereinkam, um Rebecca ebenfalls willkommen zu heißen. Die üblichen Floskeln wurde ausgetauscht, als Rebecca erwähnte, dass sie ja schon mal bei mir gesessen habe. Das war mein Stichwort.
„Herr Holzmann, können sie sich eigentlich vorstellen wie es ist, wenn eine Frau an dem Schreibtisch gegenüber sitzt, die ihre Hochzeit plant?“
„Da habe ich so den Hauch einer Ahnung.“
Ja. Beneidenswert. Ich aber habe das Wissen.
Und auch ohne Hochzeitsplanung wurden in den zwei Stunden ihrer Anwesenheit hier mehr Worte gewechselt als sonst in einer ganzen Woche.
Wieso immer ich?
Wie würde es Frl. Hasenclever ausdrücken?
„Sie sind der Seniorsachbearbeiter. Das gehört zu Ihrem Job.“
Dafür bekomme ich ja auch eine etwas höhere Vergütung. Aber warum drängt sich mir jetzt wieder der Begriff „Schmerzensgeld“ auf?
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