Samstag, 20. Januar 2018

Lernblockade oder was?

Die Umstände haben mich dazu genötigt, meinen noch zu zwei Dritteln bestehenden Resturlaub aus dem Jahr 2016 anzutreten. Zumindest einen Teil davon. Muß ja weg das Zeug, Zinsen gibt es nicht darauf. Somit erschließt sich mir wieder die Gelegenheit, früh am Morgen alleine und in aller Seelenruhe, weitgehend unbelästigt von anderen menschlichen Gestalten den an sich unspektakulären Wocheneinkauf zu erledigen.

Nach der heißen Dusche am Morgen schlurfe ich ins Wohnzimmer, versorge die Katzenbande und stelle fest, dass ein von meinem Smartphone ausgehendes blaues Leuchten signalisiert, daß das Gerät meine Beachtung verlangt. Smartphone? Ja, Smartphone. Ich konnte mich im letzten Jahr nicht mehr dagegen wehren, da der Akku meines treuen Althandys mit einer zeitlich unbefristeten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aufgewartet hat. So habe ich das Altgerät der zweitbesten Ehefrau von allen übernommen. Und nach ein paar Monaten dringlicher Hinweise Frl. Hasenclevers („Der Seniorsachbearbeiter benötigt WhatsApp, SMS sind langweilig!“), habe ich mich auch zur Anschaffung eines vom allseits bekannten Feinkosthändler feilgebotenen Mini-Winz-Onlinetarifes breitschlagen lassen, dessen beinhaltetes Datenvolumen ich im Monat nicht mal auch nur ansatzweise ausreize. Nein, aus mir wird auch weiterhin kein Smombie.



Puderzucker, mehr nicht


Wie dem auch sei, das Höllengerät mit seinem schlappe 225 Seiten umfassenden deutschsprachigen Benutzerhandbuch verlangte nach mir. Sven wies von Unterwegs per Bild darauf hin, daß in Neustadt Schnee gefallen sei. Ich warf einen Blick auf unsere Terrasse und konnte dank der mir nun zur Verfügung stehenden Technik gleichfalls mit einer eben jenen Sachverhalt auch für das Neustädter Ländchen bestätigenden fotografischen Aufnahme aufwarten. Dies wiederum veranlasste Ludwig, welcher sich gleichfalls außer Dienst befand, zu der Aussage, dass es ihm nunmehr durchaus sinnvoll erscheine, gar nicht erst aufzustehen. Und auch Frl. Hasenclever, welche einen späten auswärtigen Termin hatte und vorher nicht ins Büro kommen würde, ließ sich zu Svens Verdruss zu der Bemerkung verleiten, daß sie wohl auch noch liegenbleiben würde.

Heldenhaft wie ich von Natur aus bin zog ich meine Ganzjahreskleidung an, ergänzte diese um eine Kapuzenjacke und machte mich mit der familieneigenen Kraftdroschke namens Balduin auf den Weg Richtung Schwarz-Markt. Die Schneeverhältnisse waren übersichtlich. Man muß wissen, dass wir hier nach meinen leidenschaftlich flachländerischen Maßstäben zwar in einer Art Hochgebirge wohnen, welches aber keineswegs zu den schneesicheren Gegenden zählt. Jeder Urbayer oder Sauerländer würde die schmale Decke des weißen Zeugs allenfalls beiläufig zur Kenntnis nehmen; hier aber reduzierte sich die höchstmögliche Geschwindigkeit auf den Straßen bedingt durch vorschleichender KaEffZetts auf nahezu dramatische Weise. Egal, ich habe Zeit und erreichte problemlos mein Ziel.

Unbedacht war von mir geblieben, daß die von mir aufgesuchte Schwarz-Markt-Filiale in der Nähe einer Schule liegt. In unseren modernen Zeiten ist es ja nicht mehr so, daß man sich sein olles Butterbrot zu Hause schmiert und mitnimmt, nein, man muß Süßkram und Cola das überlebenssichernde Nahrungsmittel, welches einen über den Tag bringt, jeden Morgen neu kaufen. So also geriet ich im Laden aufgrund der unglücklich gewählten Urzeit in eine Schülerhorde. Dieses die aktuelle Geschichte nicht weiterführende Erlebnis sei aber nur am Rande erwähnt, um noch was zu meckern haben.

Als ich das Ladenlokal wieder verließ musste ich feststellen, daß der Schneefall zugenommen hatte. Insgesamt schien mir die Lage aber weiterhin recht unspektakulär zu sein. Richtiger Winter ist anders.


Die schlechte Bildqualität bitte ich zu entschuldigen, ich übe noch.

Natürlich sahen die anderen Teilnehmer am bundesdeutschen Personen- und Lastenkraftverkehrs das anders. An der Ausfahrt des ersten Kreisverkehrs stand ein Kleinlaster schräg in der Straße. Der vor mir befindliche Fahrer eines größeren Automobils traute sich nicht weiter in die Ausfahrt einzufahren und zeigte durch wahrhaftiges Tun seinen Wunsch an, sich rückwärtsfahrend wieder in den Kreisverkehr einzusortieren. Nun, ich gewährte ihm den nötigen Abstand, denn aus der Ausfahrt wäre ich ohnehin nicht rausgekommen, so lange er diese blockierte. Erschwerend kam hinzu, daß an der nächsten Einfahrt ein im Kreisverkehr befindlicher bevorrechtigter Fahrzeugführer eben dieses Vorrecht der Weiterfahrt an die aus einer Höhenlage kommenden Verkehrsteilnehmer abgetreten hat. Mit anderen Worten: Der Bursche hat mit seiner Mistkarre alles blockiert, damit der einfahrende beginnende Berufsverkehr an ihm vorbeiziehen konnte. Ich vermute mal, er misstraute den bremserischen Fähigkeiten der aus der Höhe abwärts fahrenden Fahrer.

Nachdem sich dieses Ungemach erledigt hatte, konnte ich tiefenentspannt an dem schräg stehenden Kleinlaster vorbeifahren und mich auf die wiederum aus einer Höhenlage abwärts führenden Straße  einsortieren.  Auf dem Weg in die Tallage bemerkte ich auf der aufwärts führenden doppelspurigen Fahrbahn insgesamt fünf Autos unterschiedlichster Güteklassen, welche liegengeblieben waren. Weiter unten konnte ich im Laufe dreier Rotphasen an einer Kreuzung beobachten, wie ein Sattelschlepper verzweifelt und doch vergeblich versuchte, an einer nur geringen Steigung anzufahren und somit den Verkehrsfluss auf der Hauptstraße wieder in Gang zu bringen. Den abschließenden Besuch des ÄrWe-Supermarktes habe ich dann doch auf später verschoben in der Hoffnung, daß der in der Parkplatzzufahrt unzweckmäßig quer stehende, verkeilte LKW dann verschwunden sei.

Während all der Zeit bin ich nicht einmal ins Rutschen gekommen. Nicht beim Anfahren, nicht beim Bremsen und auch nicht während Kurvenfahrten.

Boah, Leute, lernt es endlich und kauft euch Winterreifen. Die sind echt praktisch.



6 Kommentare:

  1. Kenn ich irgendwo her. und ich wohne in einem Gebiet, wo es schon mal spontan 10 bis 25cm weißes Katastrophenpulver gibt.
    Auch schön: In dem Falle kommt man den Berg einfach nur im 2. Gang hoch. Wird mancher Ureinwohner hier auch nicht mehr lernen.....jedes Jahr an der selben Stelle steht dann alles....
    Ja. Winterreifen sind echt was Praktisches. So man sie halt am Auto hat.

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    1. Anfahren im zweiten Gang habe ich damals, vor mehr als 30 Jahren, noch in der Flachland-Fahrschule gelernt. Genau wie bergab fahren mit Motorbremse. Diese beiden Künste scheinen vom Aussterben bedroht zu sein.

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  2. da du zu den sympathischen Mitbewohnern dieses Erdballs zählst finde ich es sehr vergnüglich dass du Balduin (hübscher Name, hoffentlich wird er diesem auch gerecht) heute morgen ausgeführt hast obwohl doch anscheinend eine dünne Schicht Weiß dich durchaus davon hätte abhalten können...(schmunzel ob der eigenen Wort wahl - nicht weniger als der deinigen)...
    smombie musste ich allerdings auch erst einmal googlen!
    bei 225 Seiten betriebsanleitung hätte ich allerdings gestreikt.
    Mir sind die Dinger auch nicht besonders sympathisch.
    so, so - so ein tolles Büro sowohl einen netten Chef hast du, der dir erlaubt 2 Jhre zurückliegenden Urlaub abzufeiern, ist ja auch nicht gerade üblich und tatsächlich in meinen Breitengraden unbekannt. Kann man sich dieses etwas ungewöhnliche Exemplar von Chef auch ausleihen?
    Nach dem vergnüglichen Lesen deines Posts und deiner morgendlichen befindlichkeiten werde ich - nach der begutachtung des Weiß vor dem Fenster denn mal doch meine bisherig verschmähte Bettdecke nochmals knuddeln...#schmunzelnde Gruße
    angelface

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    1. Der für diese Urlaubsregelung Verantwortliche ist schon seit geraumer Zeit nicht mehr in Amt und Würden. Balduin ist nicht der Typ, kühn zu sein, aber ein treuer und vor allen Dingen zuverlässiger inzwischen alter Freund. Ich hoffe sehr, daß er uns noch lange erhalten bleibt.

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  3. Ist hier im Rheinland nicht anders, sobald die erste Schneeflocke fällt kann keiner mehr Autofahren. Es bricht auch jedes mal Chaos aus, wenn es ein bissel schneit. Dabei mag ich Schnee doch so gerne und würde mir viel mehr wünschen. Aber ich muss ja auch kein Auto fahren ;-)

    Beim Lesen dieses schönen Beitrags ist mir auch wieder aufgefallen, wie sehr ich deinen Schreibstil mag. Vielleicht solltest du mal ein Buch schreiben ;-)

    Ich wünsch dir noch einen schönen Urlaub, auch wenn du nicht so der Urlaubsfan bist ;-)

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    1. Urlaub ist überstanden. Jetzt habe ich vier Wochen Zeit, das Chaos wieder aufzuräumen, dann kommt Teil 2. :-/

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