Samstag, 30. Mai 2020

Lebenszeichen während der Seuche

In den Kommentaren wurde ich gefragt, ob es mit diesem Blog weitergeht. Tja, wenn ich das wüsste. Begraben ist der Blog nicht, sondern eher auf unbestimmte Zeit in einem Stand-by-Modus verharrend. Grundsätzlich stehe ich dem Projekt weiterhin positiv gegenüber, auch wenn ich heute ein paar Dinge anders angehen würde, aber der alte Schreibfluss will sich nicht wieder einstellen, und ich weiß auch nicht, wie ich bestimmte Erzählstränge weiterführen könnte. Mich betrübt es selber auch, aber ich will es auch nicht erzwingen, denn es käme nur Grütze raus.

Der zweitbesten Ehefrau von allen geht es den Umständen entsprechend gut. Die Pandemie hat natürlich erhebliche Auswirkungen auf ihre Trainer-Tätigkeit. Und auch wenn die Studios wieder geöffnet haben, so sind die Schulturnhallen hier weiterhin an einigen Schulen gesperrt, so dass dort keine Kurse laufen können. Die Zeit der strengeren Kontaktsperren war für sie nicht leicht, und als geselliger Mensch mit dem Bedürfnis nach Körperkontakt ist es im Moment auch nicht so einfach, mit den Umständen umzugehen.

Bei der Katzenbande gibt es keine großen Veränderungen. Möchtegernchefkatze Lilly wird langsam alt; die Gelenke wollen nicht mehr so, das Springen auf und von gewissen Höhen bereitet hier wohl Schmerzen. Die zweitbeste Ehefrau von allen nächtigt in einem selbst gebauten Bett, welches durchaus höher ist als die üblichen. Damit Lilly noch auf die Matratze kommt, musste eine Treppenlösung gefunden werden, welche zu einer Umräumaktion für das ganze Mädchenzimmer gesorgt hat. Es ist noch nicht wieder vollständig einsortiert; einige ehemalige Inhalte sind noch im Wohnzimmer geparkt. Das alles verstört den Hauskater Marty, denn der Bursche ist hier derjenige, der am schwierigsten mit Veränderungen klar kommt. Lilly hingegen ist sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Und an Smilla ging das alles – soweit für uns erkennbar - weitgehend vorbei.

Das Familienauto Balduin sieht dem Ende seiner Tage entgegen; es soll aktuell an einen Ich-kaufe-jedes-Auto-Menschen veräußert werden und dann in Afrika weiter seine Runden drehen. Denn ob Balduin die nächste Begegnung mit dem TÜV übersteht, erscheint zweifelhaft. So bewahren wir ihn vor dem Schrottplatz. Der Nachfolger steht seit ein paar Tagen im Carport. Sein Name ist Balu. Ich selbst bin schon stolze drei Kilometer mit ihm gefahren, die restlichen 260 gehen auf das Konto der zweitbesten Ehefrau von allen. Also ist auch hier alles wie immer. Balu hat übrigens eine Freundin namens Berta, die er leider nur selten sieht. Das aber ist eine andere Geschichte.

Im LASA hat sich auch was getan. Es gibt mal wieder eine neue Außenstellenleitung. In den letzten 20 Jahren haben wir davon sechs verschlissen, die laufende Nummer sieben macht das nur übergangsweise, bis sich jemand findet, der das übernehmen will. Er hat sich sogar schriftlich bestätigen lassen, dass er nach einer bestimmten Zeit wieder auf seinen alten Posten zurück darf, unabhängig davon, ob es einen Nachfolger bei uns gibt oder nicht. Und danach sieht es aktuell nicht aus. Das wird noch spannend.

Eine der gemeinsamen Vorbildfiguren für Trudi und Sven ist leider kurz nach dem Eintritt in die Erwerbsminderungsrente verstorben. Der originäre Sven lebt aber noch und treibt weiter bei uns sein Unwesen. Und Trudi liegen ohnehin regelmäßig wechselnde Personen zu Grunde. Karla hat gekündigt und Mandy den Arbeitsbereich und damit auch die Etage gewechselt. Es genügt schon, nach Indien auf die andere Seite des Ganges zu wechseln, um Kollegen aus den Augen zu verlieren. Sie sehe ich daher kaum noch. Auch Frau Schlüter blieb nur kurz in meinem Umfeld; sie hat eine Blitzkarriere gemacht und ist nun blutjung und mit nur einjähriger Berufserfahrung nach ihrer Ausbildung Fachbereichsleiterin in einem Bereich des Außendienstes unserer Außenstelle. Da sie mit Raissa inzwischen jedoch gut befreundet ist, erscheint sie doch mehr oder weniger regelmäßig in unserer Höhle im Schicksalsberg und mischt den Laden kurz auf. Der Ökoklaus hingegen weilt seit Monaten zu Hause, zunächst nach einem Auslandsurlaub zum ungünstigsten Zeitpunkt in Quarantäne und nachfolgend im Homeoffice. Ihn habe ich seit Monaten nur einmal gesehen, als er sein technisches Equipment für zu Hause abgeholt hat. Zu guter Letzt bleibt noch Rebecca. Sie hat gemuttert und befindet sich jetzt in Elternzeit.

Und ich? Als introvertierter, soziophobischer Mensch kann ich fast behaupten, dass ich die Nebenwirkungen der Pandemie genieße. Es sind waren kaum Menschen unterwegs, das Einkaufen war auch vor der Maskenpflicht für mich angenehmer als sonst. Die Masken heute stören mich nicht. Und das weiße Gold namens Klopapier hatten wir auch in den Zeiten leerer Regale, ohne hamstern zu müssen. Selbst wenn es am Ende vielleicht doch nur noch für eine gute Woche gereicht hätte, bevor der Nachschub ansatzweise im Laden wieder zur Verfügung stand. Ich vermisse nichts. Außer vielleicht die Tage, an denen ich mal alleine zu Hause war. Denn die brauche ich für mein Wohlbefinden.

Seit Ausbruch der Seuche begebe ich mich brav mit dem ÖPNV jeden Arbeitstag ins LASA. Wir Mitarbeiter sind gelten als systemrelevant und haben unsere Ausweise bekommen, die uns dazu verpflichten, auch während einer echten umfangreichen Ausgangssperre ins Büro zu kommen und den Betrieb aufrecht zu erhalten, soweit wir uns nicht ins Homepffice retten können. Doch das sind bei uns weiterhin die Wenigsten, und auch für mich wäre das nichts. Bis jetzt ging alles gut, die Züge sind angenehm leer, während ich die wieder voller werdenden Busse meide. Es war und ist schön, jetzt auch mal zu sonst ungewohnten Uhrzeiten unterwegs zu sein und in Zügen bequem sitzen zu können, in denen man sonst gerade noch so einen Stehplatz bekam. Und auch bei den Dingen, welche die Arbeit des LASA allgemein betreffen, sind im Moment Dinge möglich, die früher für Undenkbar gehalten wurden. Was so eine globale Krise alles ausmacht, ist wirklich beeindruckend.

Nach wie vor bin ich Seniorsachbearbeiter. Und weiterhin amtsmüde. Es wurde mit einem unrealistischen zu leistendem Arbeitspensum einfach zu viel. Aus verschiedenen Gründen hatte ich unlängst tatsächlich meinen Rücktritt eingereicht und wollte meine restliche Zeit bis zur Rente als normaler Sachbearbeiter weiter arbeiten. Nun habe ich aus verschiedenen Erwägungen den Rücktritt vom Rücktritt erklärt, betrachte das aber für mich als Bewährungszeit, denn so ganz bin ich mit mir über diese Entscheidung noch nicht im Reinen. Immerhin verweigere ich seit Anfang des Jahres konsequent das Anhäufen von Überstunden. Man wird sehen, wie es weiter geht.

Die Zukunft wird es zeigen.

In diesem Blog?

Vielleicht auch das.

Bleibt mir gewogen, denn ich mag euch als meine Leser auch weiterhin.



(Und das Schreiben hat gerade auch Spaß gemacht.)